Burg Linn Mit Hightech als Ritter ins Mittelalter

Krefeld · Den Belagerungszustand von Burg Linn können Besucher ab Ende des Jahres so erleben, als wären sie im Jahr 1377 selbst dabei gewesen: Zurzeit wird ein Virtual-Reality-Programm entwickelt, mit dem Interessierte sich in diese Zeit versetzen können. Sie brauchen eine entsprechende Brille, dann können sie Geschichte mitgestalten.

 Beate Sucrow von den Weltenwerbern hat ein mittelalterliches Schwert auf dem Bildschirm.

Beate Sucrow von den Weltenwerbern hat ein mittelalterliches Schwert auf dem Bildschirm.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Wir schreiben das Jahr 1377. Heinrich von Strünkede, der Herr auf Burg Linn, hat es zu wild getrieben. Der Raubritter hat mehrfach Händler und Schiffe seiner Kölner Lehnsherren überfallen. Diese haben daraufhin Rache geschworen und drohen nun damit, die Burg Linn zu belagern. Heinrich von Strünkede braucht Hilfe: Besucher der Burg können voraussichtlich ab Ende des Jahres in diese historisch verbriefte Situation eintauchen und die Burg in einer virtuellen Realität auf die Belagerung vorbereiten.

„Es handelt sich dabei um ein realistisches Szenario. Diese Situation hat es tatsächlich gegeben“, berichtet Jennifer Morscheiser, Leiterin des Museums Burg Linn.  In der Kemenate neben dem oberen Rittersaal soll für das Projekt bald eine komplette Virtual-Reality-Ausrüstung zur Verfügung stehen.

Ein Spieler hat voraussichtlich fünf Minuten Zeit, um durch die Burg zu laufen und sie so weit wie möglich auf den Ausnahmezustand vorzubereiten. „Dabei ist es nicht damit getan, die Tür zuzumachen. Viele Dinge müssen erledigt werden“, sagt Morscheiser. Welche genau, das will sie nicht verraten. Die Besucher sollen das selbst erarbeiten. Einige Tipps hat sie aber doch: „Wir brauchen Nahrung, scharfe Schwerter. Tor- und Fallgitter sollten natürlich geschlossen sein.“

 Eine bronzene Tierfigur aus dem Museum Burg Linn ist das Vorbild, das eingepflegt wird...

Eine bronzene Tierfigur aus dem Museum Burg Linn ist das Vorbild, das eingepflegt wird...

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Programmiert wurde die sehr realistische Darstellung vom Krefelder Start-up-Unternehmen „Weltenweber“, das auf das Thema Virtuelle Realität (VR) spezialisiert ist. Die Gründer investierten bereits gut 400 Arbeitsstunden in das Projekt, erstellten nicht nur die dreidimensionale Burg, sondern auch an die 100 verschiedene Objekte, die der Spieler greifen und verwenden kann.

Dominica Wester, Beate Sucrow, Lukas Kuhlendahl und Janos Wokrina gründeten das Unternehmen im Mai 2017; unlängst bezogen sie Büros im K2-Tower an der Kleinewefersstraße. „Wir glauben, dass VR die Zukunft ist und gerade in den Bereichen Ausbildung und Lernen viel bewirken kann. Darum wollen wir hier zeigen, was auf diese Art möglich ist“, berichtet Kuhlendahl. „Außerdem fanden wir es interessant, uns mit dem Mittelalter zu befassen“, fügt er hinzu.

 ...und so wird die Tierbronze erfasst und ausgewertet mit speziellen Computerprogrammen.

...und so wird die Tierbronze erfasst und ausgewertet mit speziellen Computerprogrammen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die künstliche Welt des Mittelalters entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Linner Museumsteam. „Alle Objekte sind der Zeit und auch der Gegend hier zuzuordnen. Wir treffen uns regelmäßig und stimmen alles ab“, sagt Morscheiser. Dabei sitzen die Programmierer an jedem einzelnen Objekt mindestens ein bis zwei Stunden, je nach Komplexität. Die Zusammenarbeit zwischen dem jungen Unternehmen und dem Museum kam ganz zwang­los zustande. Über einen gemeinsamen Bekannten wurde der Kontakt hergestellt, und schnell wurden zwei Projekte in Angriff genommen.

Neben der virtuellen Welt sind die Weltenweber auch an der neuen App des Museums Burg Linn, die ebenfalls Ende des Jahres verfügbar sein soll, beteiligt. Dort steuern die Programmier-Experten keine ganze virtuelle Welt bei, sondern die sogenannte Augmented Reality ähnlich wie im bekannten Spiel „Pokemon Go“,  wo virtuelle Objekte in reale Bilder auf dem Smartphone eingefügt werden.

Zu nutzen sein wird das VR-System, dessen Komponenten vom Düsseldorfer Verein Gaming Aid gesponsert wurden, kostenfrei. „Es ist ein zusätzlicher Service, den wir unseren Besuchern bieten werden. Nur der Eintritt in die Burg ist zu entrichten“, sagt Morscheiser.

Die zeitliche Beschränkung des Spiels auf rund fünf Minuten dient vor allem dazu, zu verhindern, dass ein Spieler das Equipment zu lange blockiert. Jeder soll eine Chance bekommen, ins Mittelalter einzutauchen.

Übrigens: Wer bei seinem Abstecher ins Mittelalter einen falschen Schritt macht und beispielsweise in den Kerker stürzt, kann auch sterben. Dann ist das Spiel für ihn vorbei. „Am Ende gibt es eine Auswertung, wie gut die Arbeit war und wie lange die Burg der Belagerung standhält“, erzählt Morscheiser. Alle Herausforderungen  zu meistern, das brauche aber viel Übung von den Teilnehmern.

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