Krefeld Brief an Kathstede wird zum Bumerang

Krefeld · Ein neues Wohnviertel am Nordbahnhof ist vorerst vom Tisch. Ein Brief der Kleinwefers Beteiligungsgesellschaft an den Oberbürgermeister verärgerte die Politik. Die weigert sich nun mehrheitlich, einen Bebauungsplan aufzustellen.

Das Vorhaben, in der Nähe des Kaiser-Wilhelm-Parks ein Wohngebiet zu verwirklichen, hat in der Politik kaum noch Befürworter. Eine überzeugende Mehrheit im Ausschuss für Stadtplanung hat nun entschieden, keinen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zu fassen (wir berichteten). Es gebe kein öffentliches Interesse mehr am Bebauungsplan 780 Geldernsche Straße/Neuer Weg, erklärten Joachim C. Heitmann (FDP) und Jürgen Hengst (SPD) übereinstimmend. Es sei nur fair für den Investor, klar zu sagen, was los sei, damit er sich nach Alternativen umsehen könne, meinte Hengst. Selbst die CDU, die sich mit großem Einsatz dafür eingesetzt hat, einen Kompromiss zwischen der Kleinewefers Beteiligungsgesellschaft und der Wohnstätte auf der einen Seite und den Betreibern des Nordbahnhofs und den Verantwortlichen des VfR Krefeld auf der anderen Seite zu finden, stimmte am Ende gegen den Bebauungsplan.

Zum Hintergrund: Die Sprecher im Ausschuss ließen keinen Zweifel daran, dass ein Schreiben Erich W. Brökers von Kleinewefers für maximale Verärgerung gesorgt habe. Offenbar hat sich der Vorstoß Brökers als klassisches Eigentor erwiesen. In einem Brief an Oberbürgermeister Gregor Kathstede stellt er die Politik als fremdgesteuert dar: "Darüber fällt beispielsweise auf, dass in der Sitzung der Bezirksvertretung West bestimmte Bezirksvertreter exakt die Postion vertreten haben, die mir Max Walber (Rechtsanwalt von Victor Furth, Nordbahnhof) als seine Position erläutert hat."

Um eine weitere Eskalation unter Einbeziehung der Öffentlichkeit zu vermeiden, möchten "wir sie noch mal bitten, für eine saubere Handhabung des einleitenden Beschlusses — frei von jeglicher Art der Manipulation und Lobbyarbeit — zu sorgen". Diese auch an alle Fraktionen gegangenen Formulierungen waren sicherlich dazu geeignet, für Missfallen bei den politischen Entscheidern zu sorgen. Das Vorhaben, direkt an einer nicht entwidmeten Bahnstrecke, Wohnhäuser errichten zu wollen, sei mehr als mutig, findet Günther Porst (FDP). Er sorgte für Schmunzeln als er den Einsatz der CDU für die Idee mit einem Tiger verglich, der lossprang und als Bettvorleger endete. Jürgen Wettingsfeld als der direkt angesprochene Christdemokrat erläuterte noch einmal, warum sie die Kompromissvorschläge ins Spiel gebracht hätten. Eine Lärmschutzwand oder ein Bürotrakt als Schallschutzriegel seien womöglich geeignet gewesen, den möglichen Konflikt zwischen Nordbahnhof als Gastronomiebetrieb mit Außenterrasse und dem Ruhebedürfnis zukünftiger Eigenheimbesitzer zu entschärfen. Brüske Stellungnahmen von Kleinewefers und der Wohnstätte, die einen Büroriegel wohl kategorisch ausschließt, haben selbst die letzten Getreuen in der CDU nachhaltig verstimmt.

Mit der politischen Entscheidung ist das Thema aber nicht endgültig vom Tisch. Heitmann brachte einen so genannten "vorhabenbezogenen Bebauungsplan" ins Spiel. Dann plane eben nicht mehr die öffentliche Hand, sondern der Investor müsse sich selbst kümmern. Die vom Freien Demokraten benannte Sonderform findet Anwendung, wenn ein bereits präzise umrissenes Projekt von einem Vorhabenträger (Investor) realisiert werden soll. Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird zwischen Vorhabenträger und Gemeinde auf Grundlage des Baugesetzbuches abgestimmt. Über einen Durchführungsvertrag regelt die Kommune mit dem Investor die zu erbringenden Erschließungsmaßnahmen.

Der Beigeordnete und städtische Planungsdezernent Martin Linne kommentierte die Entscheidung der Politik unmissverständlich. Der Konflikt zwischen Gewerbe und Wohnen sei bereits jetzt erkennbar und ein Planungserfordernis eindeutig vorhanden. Die Lösung des Konflikts sei nicht "unmöglich, sondern ungewollt", meint er und befürchtete "einen Stillstand der Innenbereichsentwicklung". Linne berichtete, dass eine Erweiterung des Kaiser-Wilhelm-Parks ebenso vorgesehen gewesen wäre wie neue Wegeverbindung in die Grünfläche. Der dort beheimatete Sportverein hätte im Übrigen keine Probleme zu befürchten und die dortige Industriebrache eine sinnvolle Verwendung gefunden. "Wir beerdigen hier eine gute Chance für die Stadt", erklärte Stefanie Mälzer, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Fraktionskollege Rolf Rundmund kommentierte als Ausschuss-Vorsitzender: "Sie haben gerade den Fortbestand einer Brachfläche beschlossen.

(RP/ac/gre)
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