Problem-Kita in Krefeld Brandbrief: Kinder wollten nicht in Kita

Krefeld · Schon 2018 hatte der Elternbeirat der Kita Am Kempschen Weg massiv Kritik geäußert. So sollen sich Kinder verletzt haben, um den Kita-Besuch zu vermeiden. Seitdem habe sich viel getan, sagt der zuständige Beigeordnete Schön.

 Bereits am 22. Januar 2018 schrieb der Elternbeirat der Kita einen Beschwerdebrief an den Beigeordneten Markus Schön.

Bereits am 22. Januar 2018 schrieb der Elternbeirat der Kita einen Beschwerdebrief an den Beigeordneten Markus Schön.

Foto: Bärbel Kleinelsen

Es war ein Brandbrief, der Markus Schön im Januar 2018 erreichte. Der Elternbeirat der Kita Am Kempschen Weg hatte sich an den damaligen Chef des Fachbereichs Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung gewandt, um sich über die Situation in der Kindertagesstätte, die auch Familienzentrum ist, zu beschweren. Schon vor fast zwei Jahren, als noch keine Vierjährigen unbemerkt das Kita-Gelände verlassen hatten (wir berichteten), war einer der Kritikpunkte mangelnde Aufsichtspflicht. So heißt es in dem Schreiben vom 22. Januar 2018: „Zum Teil sind die Kinder sich selbst überlassen oder müssen sogar teilweise die Funktion der Erzieher übernehmen (große Kinder müssen auf die kleinen aufpassen). Dadurch kommt es zu Verletzungen, und die Eltern werden angerufen und gebeten, die verletzten Kinder abzuholen.“

Schön ging damals den Vorwürfen nach und sprach vor Ort mit den Beteiligten. Er berichtet darüber: „Schwerpunkte der Kritik waren fehlende Programmvielfalt und Personalmangel. Gerade fehlendes Personal ist in sehr vielen Kitas ein Problem, nicht nur in Krefeld. Im Gegenteil. Krefeld steht personell besser da als andere Städte. Trotzdem sind natürlich auch bei uns die Auswirkungen des Mangels zu spüren.“

Er habe vor einem Jahr zahlreiche Gespräche geführt, nicht nur mit der Leitung, sondern auch mit Erzieherinnen und Eltern. Aus seiner Sicht waren diese Gespräch sehr konstruktiv, und gerade das pädagogische Angebot sei deutlich verbessert worden. „Es gibt Eltern-Kind-Turnen, ein Psychomotorik-Projekt mit der Hochschule Niederrhein, Erziehungs- und Beratungsangebote, Kontakte zu Kinderärzten und vieles mehr. Darüber hinaus ist vieles in Planung wie ein gemeinsames Backen, Singen mit Eltern, oder ein Besuch der benachbarten Senioreneinrichtung. Für die Vorschulkinder wird es Ausflüge zum Mitmach-Bauernhof Mallewupp und in den Zoo geben, um nur einiges zu nennen“, zählt Schön auf.

Entsprechend erstaunt sei er über die aktuellen Beschwerden der Eltern gewesen, von denen er aus der Zeitung erfuhr. „Da ich seit meinen Gesprächen 2018 nichts mehr von den Eltern gehört hatte, war ich davon ausgegangen, dass alles okay ist. Zumal es positive Meldungen gab. So hat die AG Zahngesundheit die Kita vergangenen Dienstag für ihre besonders gute Arbeit gelobt“, erklärt der Beigeordnete.

Wenig Spielraum habe die Stadt jedoch, wenn es darum gehe, allen Kindern ein warmes Mittagessen anzubieten, da die Kita – Mitte der 90er Jahre errichtet –  baulich dafür einfach nicht konzipiert sei. „Das ist der Grund, warum wir bei Neubauten aktuell immer großzügig planen, am besten sogar eine Küche vorhalten, in der frisch gekocht werden kann. Die älteren Gebäude erfüllen diese modernen Ansprüche leider nicht“, erläutert Schön.

Als Familienzentrum bekomme die Kita Am Kempschen Weg zwar einen jährlichen Zuschuss von aktuell 13.000 Euro, große Sprünge seien damit aber nicht zu machen, gerade auch wegen des fehlenden Personals. Immerhin werde der Zuschuss im kommenden Jahr auf 20.000 Euro erhöht. Das Personal wiederum sei zum 1. August dieses Jahres neu aufgestellt worden und stehe hinter der Kita-Leitung. „Viele Eltern haben sich von den Meldungen ihr gegenüber und anderen Kolleginnen von dem Artikel distanziert und loben die Einrichtung“, betont der Beigeordnete.

Einige Eltern der Einrichtung habe er bei seinen Gesprächen als anspruchsvoll erlebt. Wünsche nach Englischunterricht seien bei der angespannten Personaldecke und 90 zu betreuenden Kindern einfach nicht zu erfüllen. Kritik an den Eltern übt eine Mutter, deren Tochter die Einrichtung seit August besucht. Sie schreibt: „Ich möchte anmerken, dass die Resonanz des Elternabends der grünen Gruppe mich persönlich sehr erschrocken hat, da kaum Anwesenheit von Eltern da war. Von 20 Kindern saßen acht Eltern dort. Wo ist dann bitte das Interesse an dem Kindergarten und an der Gruppe, welches das eigene Kind besucht?“

Das Angebot der Kita findet diese Frau ausreichend. „Natürlich herrscht Fachkräftemangel, und auch die Leitung hat mir auf Nachfrage offengelegt, wie viele Stellen und in welchem Umfang fehlen. Trotzdem sei in dieser Gruppe von den Erziehern viel gemacht worden. Es wurde ein Herbst-Spaziergang gemacht, Weckmänner gebacken, es gab ein Oma- und Opa-Weckmann-Frühstück, Singkreise, Laternen Basteln, selbst gemachtes Apfelmus und eine Thema-Woche rund um die Kartoffel.“ Generell ist die Mutter, die noch einen zehn Monate alten Sohn in der Zweigstelle der Einrichtung untergebracht hat, mit der Arbeit der Erzieherinnen sehr zufrieden.

Markus Schön verspricht, weiter an dem pädagogischen Konzept zu arbeiten. Noch in diesem Jahr werde es Gespräche und einen Elternabend geben. Ein erster Austausch habe aber bereits stattgefunden.

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