Krefeld Blech-Spielzeug für die Großen

Krefeld · Früher erfreuten sie Kinder, heute die Erwachsenen: Miniatureisenbahnen aus Blech. Es ist ein teures Hobby, auf der Suche nach uralten Schätzen. Um einen korrekten Maßstab geht es nicht, die antiken Bahnen sollen funktionieren.

Die Premiere ist gelungen: Zum ersten Mal hat der lose Freundeskreis "Tin Plate" zwei Großanlagen auf 100 Quadratmetern mit Miniatur-Schnellzügen von vor dem ersten Weltkrieg, Dampfloks aus den 20er Jahren und Akku-Triebwagen aufgebaut. Kürzlich war die Eisenbahnanlage im Oetker-Saal auf der Rennbahn zu sehen. Nun gehen die Miniatur-Eisenbahner auf Tour: demnächst ist ihre Anlage in Hochdahl (Erkrath) zu sehen. Den Männern geht es darum, ihre Eisenbahnen fahren zu sehen und sich auszutauschen. Was heute ein Hobby von Erwachsenen ist, war vor 100 Jahren noch ein Kinderspielzeug.

1900 erstmals mit Dampf

Die Firma Märklin konnte im Jahr 1900 erstmals "mit Dampf und Elektrizität betriebene Spielzeugeisenbahnen" anbieten. Das Spielzeug wurde aufwendig in Handarbeit produziert. Zu dieser Zeit war der Name noch Programm. "Es war etwas für die Kinder. Wer als Erwachsener in den 20er Jahren damit spielte, galt als verrückt", erzählt Roland Koll. Erst in den 80er Jahren kam die Sammel-Leidenschaft bei Erwachsenen auf. Damals gehörte Krefeld zu den Hochburgen, denn hier haben die allerersten Tauschaktionen stattgefunden. Die Suche nach den fehlenden Teilen begann.

Kniffelige Elektrik

Was reizt vor allem Männer heute an dem altem Spielzeug aus Blech? "Es erinnert an die eigene Jugend und es ist faszinierend, Dinge teilweise 100 Jahre am Laufen zu erhalten", sagt der Krefelder Elmar Schnöckelborg. Verblichene Stellen müssen gestrichen, kaputte Motoren repariert und Ersatzteile im Internet oder auf Auktionen aufgetrieben werden. "Das Kniffeligste ist die Elektrik an den alten Maschinen, die noch mit Starkstrom fuhren. Wenn da die Motoren durchbrennen, ist es heikel. Aber es gibt zum Glück immer einen bei uns, der sich damit auskennt."

Dennoch – so viel technische Details wie bei modernem Modellspielzeug gebe es bei den Eisenbahnen gar nicht, meint Koll. So sind die wenigsten Loks und Waggons maßstabsgetreu. "Eine Modelltreue war nicht angestrebt. Man legte nur Wert darauf, dass sie bunt waren, funktionierten und die Kinder erfreuten." Daher sind die Blech-Waggons im Verhältnis zwar etwas zu kurz oder zu lang, dafür hat ein Schlafwagen aber Spitzenbettwäsche und schlafende Passagiere zu bieten. Und wenn die Inneneinrichtung dann original aus den 20er Jahren ist, erfreut das auch den erwachsenen Sammler von heute. Für ihr Spielzeug geben sie viel Geld aus. Bis zu 30 000 Euro kann eine antike Lok heute kosten. Als der Boom in den 80er Jahren seinen Höhepunkt erreichte, erzielte ein Auktionär sogar einen Rekordpreis von 150 000 Mark für die – für den Laien – eher unansehliche Blech-Lok E 700. Ein Luxus-Hobby sei es aber nicht, betont Schnöckelborg. Aus der Massenproduktion bekomme man auch Eisenbahnen für 30 Euro. "Bei der Anschaffung nehme ich aber immer Kontakt mit meiner Ehefrau auf. Sie bekommt dann als Ausgleich Schmuck", sagt der 72-Jährige.

(RP)
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