Krefeld Betrüger fälscht Karten für Martinstüten

Krefeld · Bestürzung beim Bürgerverein Inrath: Offenbar sammelt jemand Geld mit falschen Ausgabe-Karten für Martinstüten. Der Vorstand erwägt, die Sammler-Ausweise zu verändern. Zugleich steht der Zug im nächsten Jahr auf der Kippe.

 St. Martin ist eine starke, lebendige Tradition im Rheinland und zudem interkulturell akzeptiert, denn auch Muslime schätzen die barmherzige Tat des christlichen Heiligen. Bürokratische Hemmnisse gefährden die Tradition aber mehr und mehr und frustrieren viele Freiwillige, die die Züge organisieren.

St. Martin ist eine starke, lebendige Tradition im Rheinland und zudem interkulturell akzeptiert, denn auch Muslime schätzen die barmherzige Tat des christlichen Heiligen. Bürokratische Hemmnisse gefährden die Tradition aber mehr und mehr und frustrieren viele Freiwillige, die die Züge organisieren.

Foto: kdi

Durch einen Zufall hat der Bürgerverein Inrath Hinweise darauf bekommen, dass offenbar Betrüger bei der Sammlung für die Martinstüten für die Inrather Kinder gegen eine Spende gefälschte Ausgabe-Karten verteilen. Es ist nicht die einzige Sorge des Vereins: Wegen Differenzen mit der Stadt über den Weg steht der Martinszug für das kommende Jahr auf dem Spiel.

"Nachdem unsere Sammlung für St. Martin angelaufen ist, bekommen wir Hinweise, dass vom Bürgerverein nicht autorisierte Sammler bei den Anwohnern vorsprechen, sich als Sammler für den diesjährigen Martinszug vorstellen und gegen einen Betrag von fünf Euro eine Karte für eine Martinstüte anbieten", berichtet der Vorsitzende des Vereins, Rolf Hirschegger, auf Anfrage. Die Ausgabekarten sind offenbar denen des Vereins zum Verwechseln ähnlich: "Diese Karten ähneln in Farbe und Aufdruck den Karten, die unsere Sammler auch ausgeben", so Hirschegger weiter.

 So sieht der Ausweis für die autorisierten Sammler aus.

So sieht der Ausweis für die autorisierten Sammler aus.

Foto: BV.In

Der Vorsitzende betont, dass die Sammler des Bürgervereins sich ausweisen können und jeden Spender in einer Liste verzeichnen - der oder die Betrüger haben beides nicht vorgelegt, sondern behauptet, es gebe in diesem Jahr keine Liste. "Das ist falsch", sagt Hirschegger, "unsere Sammler fordern die Spender auf, sich mit Namen und Betrag in eine vom Bürgerverein signierte Spenderliste einzutragen".

Der vom Bürgerverein ausgestellte Sammelausweis ist relativ einfach gehalten - so gibt es kein Foto des Sammlers. "Wir werden uns auf der nächsten Vorstandssitzung am Montag darüber unterhalten müssen, ob wir daran etwas ändern", kündigt Hirschegger an. Er schärft den Inrathern ein, nach dem Sammlerausweis und der Spendenliste zu fragen.

 Strittig ist der Weg zum Festplatz: Bislang zog der Martinszug über Höchter-und Flünnertzdyk auf den Festplatz. Die Stadt bevorzugt den Weg über die Stichstraße unten.

Strittig ist der Weg zum Festplatz: Bislang zog der Martinszug über Höchter-und Flünnertzdyk auf den Festplatz. Die Stadt bevorzugt den Weg über die Stichstraße unten.

Foto: Fotos (2) googlemaps

Der Verein befürchtet auch, dass die Betrugssammler möglicherweise schon im vergangenen Jahr ihr Unwesen getrieben haben. "Wir hatten erstmals in der Geschichte des Martinszuges zu wenige Tüten. Wir hatten sonst immer 20, 30 Tüten übrig; im vergangenen Jahr konnten wir plötzlich nicht mehr allen Leuten eine Tüte sofort mitgeben und mussten die fehlenden nachreichen", berichtet Hirschegger - heute fragt er sich, ob der Mangel an Tüten auf betrügerische Sammler zurückzuführen ist, weil faktisch weniger Geld beim Bürgerverein zur Finanzierung der Tüten gelandet ist. Die Tradition des Inrather Martinszuges ist stark: Es gibt ihn seit mehr als 90 Jahren; immer noch bekommen jedes Jahr 750 bis 800 Kinder eine Martinstüte gespendet. Der Inrather Zug umfasst mit Musikkapellen und Begleitern bis zu 500 Personen.

 Darf der Flünnertzdyk nicht mehr genutzt werden, möchte der Bürgerverein über den Höchter-/ nahe Flünnertzdyk auf den Platz ziehen - der müsste dazu aber befestigt werden.

Darf der Flünnertzdyk nicht mehr genutzt werden, möchte der Bürgerverein über den Höchter-/ nahe Flünnertzdyk auf den Platz ziehen - der müsste dazu aber befestigt werden.

Foto: googlemaps

Dennoch drücken Hirschegger und seine Mitstreiter im Vorstand Sorgen um den Bestand des Zuges - nicht wegen eines Rückgangs an Spendenfreudigkeit, sondern weil es Konflikte mit der Stadt um den Zugweg gibt. Schon in diesem Jahr wollte die Stadt dem Verein den - seit Jahren üblichen - Weg zum Inrather Festplatz über den Flünnertzdyk untersagen und hat als Alternative die Route über den deutlich engeren Höchterdyk favorisiert. "Das haben wir abgelehnt", sagt Hirschegger, "das ist mir zu eng und zu gefährlich; wir sind rund 500 Menschen, dazu Pferde; der Weg über diese Stichstraße war mir zu riskant." Er geht davon aus, dass der Grund für das Flünnertzdyk-Verbot darin liegt, möglichst die Polizei zu schonen.

Für dieses Jahr hat die Stadt eingelenkt und den Weg über den Flünnertzdyk genehmigt; für das kommende Jahr soll diese Route aber untersagt werden. Hirschegger weiß sich mit seinem Vorstand einig: Beharrt die Stadt darauf, den Zug über den engen Höchterdyk zu leiten, wird der Zug nächstes Jahr erstmals seit Jahrzehnten ausfallen. Wenn denn der Zugang zum Festplatz über den Flünnertzdyk entfallen muss, favorisiert der Bürgerverein eine andere Variante: Er möchte den Festplatz kurz vor dem Flünnertzdyk über den Höchterdyk erreichen - das setzt aber eine Befestigung des Platzes voraus.

Die Stadt hat gestern auf Anfrage signalisiert, dass sie dem Verein entgegenkommen möchte - wobei in der Erklärung nicht von einem Konflikt, sondern von einer "Vereinbarung" mit dem Bürgerverein die Rede ist. Demnach sei bei einem Treffen vor Ort mit Vertretern von Stadt, Polizei und Veranstaltern vereinbart worden, "dass der Zug letztmalig in 2016 über den Flünnertzdyk ziehen darf". Grund: Für das kommende Jahr sei eine Ertüchtigung des Festplatzes geplant, die den Zugweg über den Flünnertzdyk überflüssig mache. "Der Martinszug soll den Platz dann über einen anderen Weg ansteuern können", heißt es.

Diese Formulierung lässt dann allerdings doch die Frage offen, ob nun der vom Bürgerverein gewollte Zugweg gangbar wäre.

(RP)
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