Krefeld-Oppum SV Oppum: Fußball als gelebte Inklusion

Krefeld · Beim Inklusionsfußballteam des SV Oppum kicken Spieler mit und ohne Behinderung zusammen. Die Atmosphäre ist beeindruckend liebevoll, ohne dass der persönliche Ehrgeiz auf der Strecke bleibt.

 Die Inklusionsmannschaft des SV Oppum bekam jetzt Besuch von Oberbürgermeister Frank Meyer.

Die Inklusionsmannschaft des SV Oppum bekam jetzt Besuch von Oberbürgermeister Frank Meyer.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Eifrig laufen sie über den kleinen Platz auf dem Gelände des SV Oppum: Die Spieler der Inklusionsmannschaft des Vereins. Dabei finden sich Spieler und Spielerinnen mit unterschiedlichen Behinderungen, aber auch einige Jugendliche ohne Einschränkung. Mit Feuereifer sind die jungen Fußballer dabei. Sie haben koordinative Störungen, Spastiken, Lähmungen oder Trisomie 21 (das sogenannte „Down-Syndrom“). Doch auf dem Feld ist davon wenig zu spüren. Mit Freude jagen die Spieler bis 16 Jahre dem Ball hinterher. Und die Mannschaft findet großen Zulauf.

„Wir haben sogar Spieler aus dem Umland, aus Meerbusch, Viersen und so weiter. In Krefeld sind wir einer von zwei Vereinen, die Inklusionsfußball anbieten. Neben uns ist das nur noch Bayer Uerdingen“, sagt Trainer Axel Müller. Ihm ist der Spaß der Arbeit mit den Jugendlichen anzumerken und es ist ihm spürbar eine Herzensangelegenheit. Das versteht der Beobachter schnell, wenn er sieht, wie begeistert die Spieler dabei sind. Stets vorn mit dabei ist eine Jugendliche mit Trisomie 21. Karla Hattstein ist 15 Jahre alt und großer Fan von Ronaldo, dessen Trikot sie auch trägt.

„Es macht großen Spaß und ich habe in diesem Jahr schon sechs Tore geschossen“, berichtet sie stolz. Natürlich ist sie, ebenso wie ihr großes Vorbild, Stürmerin. Was ihr an dem Portugiesen gefällt? „Er schießt tolle Freistöße“, antwortet sie. Und fügt auf Nachfrage etwas verschmitzt hinzu „Und gut aussehen tut er auch“. Neben ihr gibt es eigentlich noch ein weiteres Mädchen in der Mannschaft. „Aber die ist heute krank“, sagt Karla.

Ihre Mutter Daniela steht am Rand und schaut zu. Karla hat sie eigens angerufen, um die Erlaubnis zu bekommen, in die Zeitung zu kommen. „Sie war schon einige Male in der Zeitung und findet es immer wieder toll“, sagt die Mutter lachend. Der Fußball bedeute der Tochter alles. „Ganz schlimm ist, wenn sich Regen andeutet. Dann hängt sie nur am Wetterbericht und am Whatsapp und fürchtet eine Absage des Trainings. Das ist immer ein mittleres Drama“, erzählt sie leidvoll amüsiert. Unterdessen schießt Karla beim Schusstraining ein Tor und jubelt begeistert.

Doch auch Jugendliche ohne Behinderung sind dabei. So zum Beispiel Jonas Kerres. Der 15-Jährige ist Mannschaftskapitän und Leistungsträger. „Ich bin offensiver Mittelfeldspieler, meist spiele ich auf der 10“, erzählt er. Doch warum spielt er in einer Inklusionsmannschaft und nicht im regulären Fußballbetrieb? Er muss nicht lange nachdenken. „Erstens ist es hier viel fairer. Es macht Spaß und wir spielen ohne Druck. Ich bin durch meinen Bruder hier her gekommen und habe viele Freunde gefunden. Warum sollte ich wechseln?“, fragt der Realschüler rhetorisch.

Dann gibt es ein Trainingsspiel. Die Mannschaften werden gewählt. Auffällig ist, dass keineswegs die Jugendlichen mit geringerer oder ohne Behinderung oder besserem Leistungsvermögen zuerst ausgewählt werden. Jonas ist erst in der vierten Runde an der Reihe. „Das ist normal“, erzählt Müller. „Für die Jugendlichen ist Freundschaft wichtiger, als der unbedingte Erfolg. Das heißt nicht, dass sie nicht ehrgeizig sind. Im Gegenteil. Aber es gibt für sie wichtigeres.“

Das Training leitet er stets mit einem zweiten Trainer. Da dieser krank ist springt Daniela Koslitz, eigentlich Trainerin der Mädchenmannschaft, ein. Auch ihr ist der Spaß in dieser Atmosphäre anzumerken. Auffällig auch, dass viel Frotzelei herrscht. Jeder Spieler hat sein Lieglingsteam und sie alle kennen sich perfekt in der Bundesliga aus. Gladbach-Fan Müller hatte da in der vergangenen Saison einen schweren Stand. Jetzt ist er obenauf und gibt den Schalke-Fans im Team auch einige Sprüche zurück. Der Flachs blüht und der Trainer ist ganz normaler Teil des Teams.

Ein großes Ereignis stand für die Jugendlichen in dieser Woche auf dem Plan, denn Oberbürgermeister Frank Meyer besuchte das Training. Er informierte sich über die Mannschaft, überreichte einen Scheck und nahm auch am Torschusstraining Teil. Seinen Versuch übrigens wehrte der Torwart ab. Zumindest hatte er in den Fußball-Diskussionen gute Argumente. Seine Teams KFC Uerdingen und FC Liverpool stehen aktuell bekanntlich gut da.

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