Krefeld Bauhaus in Krefeld: Vorbild für US-Architektur
Krefeld · Das hatte bisher keine andere Stadt zu bieten: Zum ersten Mal seit der Premiere im Jahr 1987 wird die Ausstellung der besten Bewerber um den Mies-van-der-Rohe-Award in einem Gebäude präsentiert, das der weltberühmte Bauhaus-Mitbegründer selbst geplant und gebaut hat. Im früheren Verseidag-Komplex am Inrath an der Girmesgath sind ab morgen und bis zum 12. Februar die Pläne und Modelle internationaler Architekten zu sehen. Krefeld reiht sich damit in die Liste mit Ausstellungsorten wie Barcelona, Wien und Paris ein.
Das Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW (M:AI) ist etwas besonders. Es hat kein eigenes Haus und keine feste Ausstellungsfläche. Von einer solchen Möglichkeit wie im Mies-van-der-Rohe-Business-Park habe sie seit Jahren geträumt, sagte Generalkuratorin Ursula Kleefisch-Jobst gestern bei der Vorstellung der Ausstellung zum Mies-van-der-Rohe-Award 2015. Dieser wohl renommierteste Preis Europas für die Branche werde alle zwei Jahre vergeben. 420 Projekte aus ganz Europa seien vorgeschlagen gewesen, 40 in die engere Auswahl gekommen, fünf davon seien nominiert worden. Es werde nicht nach Aktenlage entschieden, sondern alle Projekte von der Jury ausgesucht und begutachtet, berichtete sie. Am kommenden Wochenende treffe bereits die Jury für den Award 2017 zusammen, sagte die Generalkuratorin.
Die Präsentation bekommt über ihre Bedeutung hinaus einen Mehrwert für Krefeld: Seit mehreren Jahren forschen Professor Norbert Hanenberg von der THM Gießen und Dr. Daniel Lohmann von der RWTH Aachen mit ihren Studenten im Bestand der früheren Vereinigten Seidenwebereien AG (Verseidag). Dazu bedienen sie sich unter anderem auch Quellen in den USA, wo der Nachlass von Ludwig Mies van der Rohe verwaltet wird. Der Industriepark in Krefeld sei das mit Abstand größte Vorhaben, das der Stararchitekt in Deutschland verwirklicht habe. Und nicht nur das, er habe am Standort Inrath eine Formensprache, gleichsam ein Vokabular angewendet, das als Grundlage für alle seine großen Projekte in den Vereinigten Staaten gedient habe. Das ABC der berühmten Bauten in Amerika hat Mies van der Rohe gleichsam am Inrath geübt.
Lohmann führte aus, dass es zu ergründen gelte, welche Bauten der Verseidag in welchem Maße direkt und umfänglich vom Mitbegründer des Bauhaus-Stils entstanden seien. Das Unternehmen habe über eine sehr große Bauabteilung verfügt, die in starkem Maße vom architektonischen Vorbild geprägt gewesen war. Der Avantgardist Mies van der Rohe war seiner Zeit weit voraus. In einer Art Baukastensystem hat er den Industriepark in Krefeld im laufenden Betrieb erweitert. So sei das so genannte HE-Gebäude anfangs nur zweigeschossig gewesen. Das Objekt im Stahlskelettbau sei dann auf vier Geschosse aufgestockt worden. Ähnliches gelte für die Sheddachhallen. Aus vier wurden mehr als doppelt so viel. In einem Generalplan ist die Endausbaustufe festgehalten. Davon ist in der Ausstellung auch ein Modell zu sehen. Darüber hinaus haben die Studenten in Schaukästen zahlreiche Informationen über Materialien und Formen platziert.
Professor Hanenberg und Dr. Lohmann bieten bis zum 12. Februar Führungen über das rund drei Hektar große Gelände und durch die Gebäude an (Anmeldung beim Krefelder Stadtmarketing unter Rufnummer 02151 36601091). Business-Park-Eigentümer Wolf Reinhard Leendertz ist seit 2010 damit beschäftigt, das lange Zeit unerkannte Juwel zu schleifen und ihm neue Brillanz zu verleihen (wir berichteten). Stichwort Kesselhaus und Kraftwerk: Dort ist eine Nutzung als Eventhalle vorstellbar. An dessen Planung und Bau, so die beiden Wissenschaftler, habe der berühmte Architekt einen weitaus größeren Anteil gehabt als bislang unterstellt worden sei.