Der neue Mietspiegel soll im Sommer 2023 erscheinen Vor- und Nachteile des Krefelder Mietspiegels

Serie | Krefeld · Über Sinn oder Unsinn des Mietspiegels wurde gerade in der jüngeren Vergangenheit oft gestritten. Die Auswertung konnte den ortsüblichen Mietzins wegen des rasanten Tempos bei den Mietpreissteigerungen zuletzt nicht mehr zuverlssig abbilden.

 Der Mietspiegel soll das ortsübliche Mietniveau abbilden. An der Gladbacher Straße Ecke Oberschlesienstraße wird ein Mehrfamilienhaus renoviert.

Der Mietspiegel soll das ortsübliche Mietniveau abbilden. An der Gladbacher Straße Ecke Oberschlesienstraße wird ein Mehrfamilienhaus renoviert.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Der neue Mietspiegel für die Stadt Krefeld soll am 1. August 2023 erscheinen.

Wer erstellt den Mietspiegel?

Nach der Reform des Mietspiegelrechts erstellt die Stadt Krefeld in Zusammenarbeit mit Haus und Grund und dem Mietverband Niederrhein den neuen Mietspiegel. Die Stadt bittet die Bürger bei der Erhebung der erforderlichen Daten um Mithilfe. Je größer die Beteiligung sei, umso besser und genauer könne der Mietspiegel erstellt werden. Die Mitwirkung an der Erhebung erfolgt über das Krefelder Beteiligungsportal und ist freiwillig sowie anonym. Sie ist bis zum 30. April im Beteiligungsportal abrufbar unter www.beteiligung.nrw.de/portal/krefeld/.

Was ist der Sinn des Mietspiegels?

Der neue Mietspiegel soll das aktuelle Mietpreisgefüge widerspiegeln, das örtliche Mietniveau auf einer breiten Datenbasis abbilden und damit wesentlich zur Markttransparenz beitragen. Er wird der Öffentlichkeit im Internet kostenfrei zur Verfügung gestellt. Mieter und Vermieter können sich so einen Überblick über die ortsübliche Miete verschaffen.

Was beinhaltet der Mietspiegel?

Der Mietspiegel unterscheidet nach Wohnlagen, Baujahr und Ausstattung und ist ein um die Ausreißer nach oben und unten bereinigter Mittelwert für die vergangenen sechs Jahre. „Es liegt also in der Natur der Sache, dass die aktuellen Mieten für Neubauten teils erheblich über den Angaben aus dem Mietspiegel liegen“, betonte Michael Heß, Rechtsanwalt und Geschäftsführer von Haus und Grund in Krefeld.

Welche Rolle hat die Stadt bei der Aufstellung des Mietspiegels?

Nach neuer Gesetzeslage wird die Stadt verpflichtet, einen Mietspiegel aufzustellen. „Wir hoffen, dass sie sich dabei mit der Rolle des Moderators zufrieden gibt“, erklärten Heß und Kai-Uwe Springer vom Mieterbund unisono.

Seit wann gibt es in Krefeld einen Mietspiegel?

Die beiden Verbände Haus und Grund sowie Mieterbund geben den Mietspiegel seit 1977 gemeinsam heraus und lieferten bislang 21 Fortschreibungen.

Wozu dient der Mietspiegel?

Er gibt einen Überblick über eine angemessene ortsübliche Vergleichsmiete und wird von Behörden wie Stadtverwaltung und Finanzamt, aber auch von Gerichten bei Mietstreitigkeiten herangezogen. Er gibt Rechtssicherheit, befriedet streitende Parteien und ist Informationsquelle für Interessierte.

Welche Auffälligkeiten gibt es in Krefeld?

Krefeld stellt insofern eine Besonderheit dar, als dass die Innenstadt per Definition eine 1a-Wohnlage sein sollte, in der Seidenstadt aber in der Realität nicht ist. Durch außergewöhnliche Beeinträchtigungen müssen nicht selten entsprechende Abstufungen mit Auswirkungen auf die Kaltmiete vorgenommen werden.

Welche Werte weist der aktuelle Mietspiegel aus?

Spitzenkaltmieten von 15 bis zu 20 Euro pro Quadratmeter würden in Krefeld in den Stadtteilen Verberg und Traar, auch in Bockum und im Musikerviertel gezahlt. Der Durchschnittswert für die Gesamtstadt und für alle Wohnlagen zusammen beträgt nur sechs bis sieben Euro.

Wie sieht der Mietmarkt in krefeld aus?

45 Prozent aller 123.000 Wohnungen in der Stadt wurden bereits vor dem Jahr 1959 erbaut. 76 Prozent sind älter als 42 Jahre. Der Wohnungsbestand ist insgesamt recht alt und oft auch veraltet. Bei den häufig zitierten Leerständen von 5000 bis 7000 Wohnungen handele es sich überwiegend um Schrottimmobilien oder stark renovierungsbedürftige Einheiten, die im aktuellen Zustand dem Mietmarkt nicht zur Verfügung stünden und unbewohnbar seien, erklärt Heß.

Wie ist es um den sozialen Wohnungsbau in Krefeld bestellt?

Der Mieterbund berichtete, dass der soziale Wohnungsbau über mehr als 15 Jahre stark vernachlässigt worden sei und der Geschosswohnungsbau für die Vermietung heute nur noch von Baugesellschaften wie der Wohnstätte AG betrieben werde. Private Investoren bauten entweder für den Eigenbedarf oder zum Verkauf als Eigentumswohnungen.

Wie haben sich die Eigentumsverhältnisse und die Mietpreise entwickelt?

Die Eigentumsquote in Krefeld liegt mit lediglich 38 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von auch nicht besonders hohen 43 Prozent. Der geringe Anteil sei auch eine „soziale Frage“, die sich in Krefeld in Anbetracht niedriger Durchschnittseinkommen offenbart. Dennoch sind die Mieten laut aktuellem Mietspiegel in Krefeld gestiegen: Für die Baualtersklassen bis 1992 um sechs Prozent und für die ab 1993 um vier Prozent. In Krefeld gibt es rund 40.000 Ein- und Zweifamilienhäuser sowie mehr als 80.000 Geschosswohnungen.

Woran mangelt es im Krefelder Mietmarkt besonders?

In der Stadt fehlt es vor allem an Ein- und Zweizimmerwohnungen. Während die Zahl der Single- und Zwei-Personen-Haushalte steigt, stagniert das Angebot bei geringen zehn Prozent des Wohnungsbestandes. 75 Prozent bestehen aus Drei-, Vier- und Fünf-Zimmer-Wohnungen. Auch bei ganz großen Wohnungen gibt es Engpässe.

Welche Kritik gibt es an der Institution Mietspiegel?

Da sich die Mieten in der jüngeren Vergangenheit vor allem in den Großstädten rasant entwickelt haben, war der Mietspiegel kaum mehr geeignet, die Realität ortsüblicher Mieten abzubilden. Das lag daran, dass der Mietspiegel mit Durchschnittswerten aus sechs Jahren operiert und Ausreißer nicht berücksichtigt.

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