Krefeld "Antike Now" gegen den Krieg: Bilder gehen unter die Haut

Krefeld · Wer auf der Bühne über die Grausamkeiten des Krieges erzählen will, stößt schnell an seine Grenzen. Von dieser These sind die Regisseure des Kresch-Theaters ausgegangen, als sie anfingen, sich mit den Geschichten der Antike auseinanderzusetzen.

 Antike Klassiker ins Jetzt übersetzt: das Stadtjugendtheater.

Antike Klassiker ins Jetzt übersetzt: das Stadtjugendtheater.

Foto: Kresch

Kinder und Jugendliche für diese alten Erzählungen zu begeistern und sie behutsam, aber nicht leise, in die Gegenwart zu transportieren, hatten sich die Verantwortlichen vorgenommen.

Am Freitagabend feierten drei Stücke des Projekts Premiere. Zuerst konnten die Zuschauer "Der Frieden" von Aristophanes erleben. Die Komödie wurde 421 v. Chr. erstmals aufgeführt, als beißende Kritik an den ständig Krieg führenden Griechen. Damals wird es noch keine Wakeboards gegeben haben, mit denen die Darsteller des Stadtkindertheaters die Bühne unsicher machten. Und auch Pink dürfte noch nicht "Fuckin Perfect" in ihr Mikrofon geträllert haben, aber auch schon damals werden die Schauspieler den Zuschauern die Schattenseiten des Krieges und auch des Friedens eindrucksvoll gezeigt haben. Großartige Bilder, die unter die Haut gehen. Dennoch wurde nach dem Stück im Zuschauerraum Kritik laut. "Es war schwierig, der Handlung zu folgen", sagte eine Zuschauerin. Sie hätte sich im Vorfeld besser informieren müssen, um das Gesehene zu verstehen, meinte sie. Auch besuchten nur wenige Kinder und Jugendliche die Vorstellung — im Zuschauerraum drängten sich dafür die Erwachsenen dicht an dicht.

Nicht weniger schwierig war, die Handlung des zweiten Premierenstücks für die Zuschauer zu verstehen, die sich noch nie mit dem Kassandra-Stoff auseinandergesetzt haben. Die Geschichte der Seherin, der keiner glauben will, als sie den Untergang Trojas prophezeit, wird diesmal vom Stadtjugendtheater 1 in prägnante Bilder überführt. Anna Brass konstruierte aus Motiven von Christa Wolf, Jean Giraudoux, Homer und Aichchylos eine stimmige und spannende Geschichte, die mit den Gefühlen der Zuschauer spielte. Mal bedrückend, mal lustig zeigten die Jugendlichen Auszüge aus dem Trojanischen Krieg mit Fokus auf Kassandra. Die Botschaft, die die Darsteller immer wieder mit John Lennon's "Give peace a chance" anstimmten.

René Linke, Regisseur des Stücks "Der Trojanische Krieg", verzichtete auf einen klaren Plot mit linearen Handlungen und geraden Charakteren und wählte die offene und dokumentarische Form. Neben den antiken wurden auch viele aktuelle Texte verarbeitet, wie beispielsweise ein Buch über Kriegsheimkehrer der Bundeswehr, um den Zuschauern zu zeigen, welch Grauen ein Krieg nicht nur im fremden Land verursacht. "Deutschland steht im Krieg — aber im Alltag verdrängen wir das gerne", schreibt das KreschTheater. Linke und das Stadtjugendtheater 2 sorgen dafür, dass zumindest die Zuschauer der Tatsache ins Auge sehen.

(RP/jco)
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