Krefeld Angestellte übernimmt Krefelder Täschnerei Rottes

Krefeld · Es ist das einzige Geschäft für Lederreparaturen in Krefeld: Silvia Opitz hat es nach zwischenzeitlicher Schließung wiedereröffnet.

 Silvia Opitz repariert eine Tasche - die Täschnerei Rottes war vor der Schließung die letzte ihrer Art am Niederrhein.

Silvia Opitz repariert eine Tasche - die Täschnerei Rottes war vor der Schließung die letzte ihrer Art am Niederrhein.

Foto: Kreishandwerkerschaft

Genau ein Vierteljahrhundert lang arbeitete Silvia Opitz in der früheren Täschnerei Rottes als Angestellte. Jetzt hat sie den zwischenzeitlich geschlossenen Betrieb an der Breite Straße als Inhaberin neu eröffnet. Sie arbeitet in einem Haus mit Tradition: Rottes ist das einzige Geschäft für Lederreparaturen in ganz Krefeld.

"Meine Kunden sind Menschen, die an ihren Sachen hängen", weiß Silvia Opitz. Gerade hat sie eine schwarze Aktentasche repariert. Diebe hatten das Schloss aufgebrochen und dabei das wertvolle Stück auf der Vorderseite total zerfetzt. Davon sieht man nun nichts mehr. "Jede Tasche und jeder Auftrag ist anders und stellt eine neue Herausforderung dar. Deshalb macht mir mein Beruf so viel Spaß", erzählt Opitz. Sie repariert nicht nur Taschen, sondern erneuert beispielsweise auch das Futter einer Lederjacke, kürzt Gürtel sowie Ärmel an Lederbekleidung und ersetzt Reißverschlüsse an Koffern.

Nicht immer kämen die Kunden zu Silvia Opitz, weil ihre Lederwaren materiell so wertvoll sind. Häufig seien einfach viele Erinnerungen damit verbunden. "Eine Frau brachte mir eine Handtasche, die sie einmal ganz preiswert für 20 Euro gekauft hatte", berichtet die 55-Jährige. Die Reparatur kostete das Vierfache des Kaufpreises. Die Kundin gab das Geld gerne aus - Hauptsache, ihre Lieblingstasche sah wieder gut aus und hatte ein neues Futter und einen Reißverschluss.

Ihr Metier hat Silvia Opitz von Heinz-Peter Rottes gelernt, der den Krefelder Betrieb mehr als 40 Jahre lang führte. Im Herbst 2012 gab der letzte Täschner am Niederrhein sein Geschäft aus gesundheitlichen Gründen ab, nur wenige Wochen danach verstarb er.

Die neuen Inhaber übernahmen zwar Rottes' langjährige Mitarbeiterin, doch Anfang dieses Jahres verließ Opitz den Betrieb. Kurz darauf war das Geschäft geschlossen. "Viele Kunden und die Vermieterin des Ladenlokals ermunterten mich, selbstständig weiterzumachen und die jahrzehntelange Tradition fortzuführen - da konnte ich nicht Nein sagen", sagt sie lachend. Bestärkt worden sei sie darin auch von Rottes' Töchtern Tanja und Nicole.

Silvia Opitz hat den Schritt in das Unternehmertum bisher nicht bereut. Das Geschäft laufe gut, berichtet sie. In ihrer Werkstatt bearbeitet sie die Lederwaren mit ihrer Industrie-Nähmaschine, mit Anstanz- und Einschlagwerkzeugen, scharfen Messern und Scheren sowie mit einem Reifelholz, mit dem die Kanten markiert oder Naturlederstücke aufwertet werden. "Wir gehen mit allen Arten von Leder um, sogar mit Kroko- oder Schlangenleder sowie mit Lederimitat", erläutert sie.

Und manchmal repariert sie nicht nur, sondern fertigt ein neues Stück: Kürzlich kam ein Kunde mit einem abgenutzten blau-grauen Halsband ins Geschäft. Ein solches Exemplar hätte er gerne noch einmal, sagte er. Der Mann hält einen Ziegenbock - und der konnte sich kurz darauf über ein nagelneues, von Silvia Opitz handgefertigtes Halsband freuen.

(RP)
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