Krefeld Angestellte kaufen ihr Autohaus

Krefeld · Als der Chef Werner Oberheidt 70 Jahre alt wurde, suchte er einen neuen Eigentümer für sein Saab-Zentrum an der Untergath. Kein Investor von außerhalb griff zu – stattdessen sind drei langjährige Mitarbeiter die neuen Eigentümer.

Ulrich Kretschmer war 19 Jahre alt, als er seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker im Autohaus Oberheidt begann. Das war 1989. Im selben Jahr kam auch Kai Wiegand-Garbow zu dem Saab-Händler an der Untergath 22. Nach einem Jahr wurde er Verkaufsleiter. Edo Islamovic war zu dem Zeitpunkt bereits zehn Jahre dort beschäftigt, als Lackierer. Jetzt haben die Männer, die Jahrzehnte bei Werner Oberheidt angestellt waren, etwas sehr ungewöhnliches getan. Sie haben ihm das Autohaus abgekauft, sind jetzt ihre eigenen Chefs.

Vielleicht wäre alles anders gelaufen, wenn Oberheidt nicht drei Töchter hätte, die wenig Interesse hegten, ein Autohaus zu kaufen. So wandte er sich an seine Angestellten, die längst so etwas wie eine Art zweite Familie waren. Gewiss wäre alles viel leichter für die drei Angestellten gelaufen, wenn der Autohersteller Saab unter seiner Konzernmutter General Motors nicht ausgerechnet im vergangenen Jahr nahezu insolvent gewesen wäre und Zollgebühren für Materiallieferungen nicht mehr zahlen konnte. "Die Banken haben uns für verrückt erklärt, als wir erklärten, wir wollten uns im Kfz-Bereich selbstständig machen. Mitten in der Weltwirtschaftskrise. Und dann ausgerechnet bei Saab", berichtet Wiegand-Garbow, gelernter Einzelhandelskaufmann. Manche Kreditinstitute wollten nicht mal ein Gespräch führen. Schließlich gibt es doch ein Gespräch. Bei der Sparkasse Krefeld. Und am Ende "Ohne die hätte das nicht geklappt", sagt der 43-Jährige. "Und nicht ohne unseren ehemaligen Chef, der sich bereit erklärt hat, in der Zwischenzeit auf sein Geld zu warten."

Beim Start in die Selbstständigkeit sind die drei Jungunternehmer vorsichtig. Die Immobilie haben sie nicht gekauft, sondern gepachtet. "Wir fangen klein an", sagt Ulrich Kretschmer. "Erst wollen wir den Werkstattbereich erwerben, dann den Verkauf."

Das Schicksal meint es gut mit den drei neuen Geschäftsführern, die jetzt insgesamt sieben statt sechs Mitarbeiter beschäftigen: GM hat Saab verkauft; beim niederländischen Sportwagenhersteller Spyker Cars scheint sich die schwedische Traditionsmarke deutlich wohler zu fühlen.

Am Samstag feierte die neue Saab 9-5-Limousine Premiere in Krefeld. Und Wiegand-Garbow, Islamovic und Kretschmer feierten mit den Kunden nicht nur das neue Auto, sondern auch den Kauf des Autohauses, in dem sie lange Angestellte waren. "Es fühlt sich anders an, zur Arbeit zu gehen", sagt Wiegand-Garbow nachdenklich und grinst dann. "Naja, jetzt gehe ich auch immer ein Stündchen früher zur Arbeit."

(RP)
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