Krefeld Ärzte kämpfen um Existenz

Krefeld · 30 Euro erhalten Fachärzte seit 1. Januar für die Behandlung eines Patienten pro Quartal. Um Kosten zu sparen, greifen Arztpraxen nun zu ungewöhnlichen Mitteln. Zwei Ärzte wollen Mitarbeiter in Kurzarbeit beschäftigen.

Es ist einfach zu teuer. Nur noch selten verordnet Chirurg Ralf Kluger seinen Patienten einen der komfortablen Plastik-Armschienen. Stattdessen verwendet er bei Arm- und Beinbrüchen so oft wie möglich den einfachen Gips. Es ist eine von vielen Sparmaßnahmen, die sich die beiden Ärzte Kluger und Herkes in der Chirurgischen Praxis am Westwall selbst auferlegt haben. "Wir kämpfen um unsere Existenz", sagt Kluger.

So wie den beiden Chirurgen geht es vielen der 291 Fachärzte in Krefeld. "Ein Fünftel aller Praxen sind in ihrer Existenz bedroht", sagt Karin Hamacher, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Der Grund: Seit Januar gilt ein neues Abrechnungssystem für Ärzte. Nun gibt es keine Praxis-Budges mehr, sondern so genannte Regelleistungsvolumen. Die Folge: Fachärzte erhalten einen festen Regelsatz pro Patienten – egal wie oft er monatlich behandelt wird.

Dietmar Hekers hat eine 14-jährige Ausbildung hinter sich und war mehrere Jahre Krankenhausarzt, bis er sich entschloss, sich in einer eigenen Praxis niederzulassen. "In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Patienten gestiegen – aber nicht der Gewinn der Praxis", sagt Hekers.

Rettungsschirm für Ärzte

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV), die für die Ärzte von den Krankenkassen die Gebühren eintreibt, protestiert gegen die Honorarreform. Denn besonders Chirurgen und Orthopäden gehören der KV zufolge zu den Verlierern. 30,88 Euro stehen Chirurgen pro Patient und Quartal zur Verfügung, Röntgenaufnahmen schlagen mit fünf Euro zusätzlich zu Buche. Die Kosten pro Aufnahme liegen für die Praxis allerdings bei zehn Euro. Die Folge: Die Praxis erwirtschaftet weniger Gewinn. "Viele Arztpraxen arbeiten momentan nicht mehr kostendeckend", sagt Dr. Manfred Weisweiler, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Niedergelassener Chirurgen Nordrhein (ACN).

Um die Verluste der Praxen aufzufangen, hat die KV einen Rettungsschirm organisiert. Damit sollten die Verluste der Praxen im ersten Quartal auf fünf Prozent gesenkt werden – ab 1. April inzwischen auf 7,5 Prozent. Für die Krefelder Chirurgen keine zufriedenstellende Lösung. "Eigentlich brauchen wir keinen Rettungsschirm. Unsere Praxis läuft gut", sagt Hekers. Dass trotzdem Geld in der Kasse fehlt, sei Problem falscher politischer Entscheidungen.

Nun erwägen die beiden Ärzte drastische Maßnahmen um den Bestand der Praxis zu sichern. "Wir überlegen, Mitarbeiter zu entlassen oder in Kurzarbeit zu beschäftigen", sagt Hekers. Der Berufsverband der Chirurgen erwartet demnächst noch vollere Wartezimmer und längere Wartezeiten für Patienten auf einen Termin. "Das System ist ungerecht", sagt Weisweiler. Letztendlich seien nicht nur die Ärzte die Leidtragenden, sondern jeder Patient.

(RP)
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