Krefeld Abenteuer Volksbildung

Krefeld · Er hat die Krefelder VHS zur wirtschaftlichsten Volkshochschule von NRW gemacht. Mit viel Lob ist VHS-Leiter Rehbein in den Ruhestand verabschiedet worden. Als er 1978 bei der VHS anfing, betrat er junges Terrain – "ein Abenteuer", sagt er.

Ein feiner Kniff in einer Abschiedsrede: Als Hansgeorg Rehbein, Leiter der Volkshochschule Krefeld, gestern im Ratssaal mit einer Feierstunde in den Ruhestand verabschiedet wurde, vergaß er nicht zu erwähnen, was er nicht vermissen würde: Vorurteile über die Volkshochschule zum Beispiel, ferner die Leute, die sie tradieren; ebenso den ständigen Druck, begründen zu müssen, wozu eine VHS nötig sei und ob Weiterbildung zur Daseinsvorsorge gehöre. Diesen Stoßseufzer tat ein Mann, der aus der VHS Krefeld die wirtschaftlichste Volkshochschule von NRW gemacht hat und das Angebot trotz massiver Kürzungen sogar ausgeweitet hat.

Rehbein ist ein Volksbildungspionier: Als er 1978 bei der VHS Krefeld als Bereichsleiter für Mathematik, Naturwissenschaften und Technik sowie für gesundheitliche und berufliche Weiterbildung anfing, war die VHS relativ neues Terrain. "Ich habe mich", sagte Rehbein, "auf das Abenteuer VHS eingelassen." Seine Studienfächer zeigen, warum er dort heimisch werden konnte: Er hat Biologie, Chemie ebenso wie Philosophie und Pädagogik studiert; auch wenn er 1975 im Fach Neurophysiologie promovierte, war er kein Naturwissenschaftler in einem Elfenbeinturm aus Formeln und Tabellen.

In Krefeld wurde er 1994 Vize-Direktor und 1997 Direktor der VHS – in einer Phase, in der die Haushaltskonsolidierung auf allen Ebenen begann. Im vergangenen Jahrzehnt seien die Landeszuschüsse für die VHS um 28 Prozent gekürzt worden, rekapitulierte Rehbein. Er wählte zwei Strategien gegen den Geldabfluss: attraktive Kurse anbieten, um neue Kunden zu gewinnen, sowie Drittmittel von EU, Bund und Land auftreiben – etwa für Alphabetisierungs- oder Integrationskurse. "In den vergangenen zwei, drei Jahren haben wir pro Jahr eine Million Euro an Drittmitteln aufgetrieben", sagte Rehbein. Heute hat die VHS 11000 Bildungsangebote mit 25 000 Studenten, so viele wie nie zuvor. Dass dazu Migrations- oder Schulabschlusskurse für Jugendliche mit verkorkster Schulzeit gehörten, erfülle ihn mit Stolz, sagte Rehbein.

Kein Wunder also, dass Oberbürgermeister Gregor Kathstede die VHS mit Blick auf Rehbein als "Ihr Kind" bezeichnete. Kathstede würdigte auch Rehbein als Führungspersönlichkeit, die das Haus mit "Herzwärme und fachlicher Kompetenz" geleitet habe. Wen die Mitarbeiter da als Chef hatten, mögen biografische Notizen zeigen: Rehbein verwitwete früh und zog seine beiden Kinder 17 Jahre lang allein auf. Heute hat er vier Enkel; seit kurzem ist er wieder verheiratet. Sorge, als Pensionär in ein Loch zu fallen, habe er nicht, sagte er gestern unserer Zeitung. Auf der Liste der Tätigkeiten für den Ruhestand stehen neben der Familie ein großer Garten, Sport, Musik, Literatur und die Leidenschaft fürs Kochen.

Neben Blumen überreichte Kathstede Rehbein zum Abschied einen Fan-Schal der Krefeld Pinguine. Die Farben Schwarz-Gelb sind Rehbein vertraut: Er ist Fan von Borussia Dortmund. Wie SPD-Fraktionsgeschäftsführer Dirk Plassmann voller Respekt am Rande der Veranstaltung erzählte, hat Rehbein kürzlich sogar ein BVB-Spiel in einer Stehplatz-Kurve durchgestanden. Das Wort Ruhestand gewinnt da eine ganz neue, durchaus dynamische Bedeutung.

(RP)
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