Krefeld 8 GTW lockt Besucher aus ganz Deutschland an

Krefeld · Die alte Bahn fährt mit einem hellen Klingelton los. Es vibriert leicht unter den Füßen, als die 8 GTW über Kreuzungen und Schienen rattert. Ab und an wird es so laut, dass die Unterhaltung für kurze Zeit unmöglich wird. Doch zu der traditionsreichen Straßenbahn gehört die Geräuschkulisse dazu, genauso wie die nicht vorhandene Klimaanlage oder das Kinderwagensymbol mit einem blauen Kinderwagen und großen Reifen, wie er zuletzt in den 80er Jahren modern war.

8GTW: Die Straßenbahn, die nie wieder in Krefeld fährt
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8GTW: Die Straßenbahn, die nie wieder in Krefeld fährt

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"Die Bahn ist so alt und quietscht so schön. In den Sommerferien bin ich früher jeden Tag mit der Bahn gefahren", erzählt der elfjährige Christian während der letzten Sonderfahrt der alten 8 GTW. Nach über vier Jahrzehnten sind die gutmütigen GTWs im Sommer durch die neuen Straßenbahnen komplett ersetzt worden. Daher hat der Verein Linie 1 gestern drei Abschiedsfahrten des letzten achtachsigen Drehgelenkwagens (8 GTW) organisiert.

Von 10 bis 22 Uhr ist die rot-weiße Bahn mit der Nummer 812 durch die Stadt gerattert. "Es ist ein Stück Krefeld, rollende Kultur sozusagen. Sie ist zuverlässig ohne Ende und nicht so voller Technik wie die neuen Straßenbahnen. Viele haben sie ins Herz geschlossen", sagt Michael Jansen, erster Vorsitzender des Vereins Linie 1. Er hat Anfragen von interessierten Straßenbahnliebhabern aus ganz Deutschland, Wien und dem Kosovo erhalten, die die Sonderfahrt nutzen, um emsig Fotos zu schießen und Erfahrungen auszutauschen.

"Diese Straßenbahnen werden immer weniger, ähnlich wie die Straßenkreuzer der 50er Jahre. Ich bin ein Liebhaber, und die Ledersitze sind auch bequemer", erzählt René Etzel, der extra aus Stuttgart angereist ist. Viele der überwiegend männlichen Besucher begleiten die Bahn mit dem Auto, um die charakteristisch runde Außenfront an verschiedensten Stellen in der Stadt zu fotografieren.

Dabei geht mit der letzten Fahrt der 8 GTW nicht nur eine Ära der zuverlässigen Straßenbahntechnik zu Ende, es ist auch ein Abschied an die Erlebnisse, die mit dieser Bahn verbunden sind: der heiße Julitag, an dem auch die offenen Fenster die Hitze nicht vertreiben konnte; das coole Gefühl als Jugendlicher, hinten auf der Bank vor dem Fenster zu sitzen; die wohltuende Wärme an den Füßen, wenn man im Winter direkt über der Heizung saß; all die gesprächigen, netten oder sonderbaren Menschen, die man in dieser Bahn so gut beobachten konnte.

Ein Gefühl von nostalgischer Wehmut macht sich breit — nicht nur bei den Fahrgästen: "Mit dieser Bahn fahre ich lieber, es macht Spaß. Ich habe mit ihr fahren gelernt, da hängen viele Erinnerungen dran", sagt Bahnfahrerin Zübeyde Kurt, für die es auch eine besondere Abschiedsfahrt ist. Völlig verschwinden werden die GTWs aber nicht: Neun der Traditionsbahnen fahren bereits in Polen, sieben gehen nach Sofia, und eine, der Fahrschulwagen, soll Krefeld als Partywagen an der Rennbahn erhalten bleiben.

Das charakteristische Klappern und Klingeln der Bahn aber ist gestern Abend mit der letzten Fahrt endgültig verstummt.

(RP)
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