Krefeld 35 Jahre älter in 75 Minuten in der Theatermaske
Krefeld · Die Maskenbildner leisten Unvorstellbares. Für das Stück "Wolken.Heim" im Theater Krefeld lassen sie die Darsteller altern und verfetten – wie Christopher Wintgens.

Theater Krefeld: Christopher Wintgens wird dick
Die Maskenbildner leisten Unvorstellbares. Für das Stück "Wolken.Heim" im Theater Krefeld lassen sie die Darsteller altern und verfetten — wie Christopher Wintgens.
Christopher Wintgens wirkt trainiert und fit im gelben Bademantel. Das wird sich ändern. Eine Stunde und 15 Minuten dauert es, um den Schauspieler in einen alten, dicken Mann zu verwandeln. Vor jeder Vorstellung von Elfriede Jelineks "Wolken.Heim" haben die Maskenbildner des Theaters drei Stunden nötig, um Wintgens und seine Kollegen Adrian Linke und Ronny Tomiska entsprechend herzurichten.
Die Arbeit der Maskenbildner hat jedoch schon vorher begonnen: Wintgens? Gesichtskonturen sind mittels Gips als Maske abgenommen worden. In diese Schale mit den Gesichtskonturen wird Kaltschaum gefüllt, der anschließend erhärtet - die Maske ist fertig.
Maskenbildner Frank Baumgartner passt sie zunächst an Wintgens' Gesicht an, überflüssige Ecken schneidet er ab. Anschließend trägt er Kleber auf Gesicht und die Innenseite der Maske auf. "Der Kleber besteht aus Baumharz, der in Alkohol gelöst wurde", erläutert Baumgartner. Mit einem Wattebausch tupft er auf den Kleber im Gesicht, einige Wattefetzen bleiben hängen. Darauf kommt erneut Kleber. "Die größte Herausforderung besteht darin, dass die Maske eine Stunde und 20 Minuten lang hält", meint Baumgartner. So lange dauert die Aufführung. Deshalb reicht eine einfache Schicht des Klebers nicht aus.
Baumgartner rührt anschließend Artex an, einen schnell trocknenden Spezialkleber. Damit modelliert er die Tränensäcke und gestaltet den Übergang zwischen Maske und Gesicht.
Mit einem Stück Tüll und einigen Haarklammern werden nun die Haare zurückgesteckt. Danach trägt Baumgartner eine spezielle Schminke auf die Maske auf. "Die ist eigens dafür gedacht. Normale Schminke deckt nicht so gut", sagt er. Nach dem Pudern greift er zur herkömmlichen Schminke und trägt sie im ganzen Gesicht inklusive Maske auf. Mit einem Pinsel malt Baumgartner dunkelbraune Schatten um Nase, Mund und Augen sowie einige Falten. Mit einem Schwämmchen zeichnet er rötliche Äderchen, die Lippen erhalten einen dunklen Rotton. Anschließend befestigt Baumgartner die Perücke mit Kleber und Haarklammern und bringt sie mit Kamm und Haarspray in Form. Jetzt ist Wintgens nur noch an den Augen zu erkennen.
Der maskenbildnerische Teil ist beendet; Wintgens steigt nun in den etliche Kilo schweren Fatsuit - einen mit Styroporkugeln gefüllten Anzug, der einen fetten Leib simuliert. Der Anzug schränkt die Bewegungsfreiheit ein - Wintgens braucht Hilfe, um nun in die maßgeschneiderten XXL-Kleidungsstücke zu schlüpfen. Älter fühlt er sich aber kaum: "Ich bin ein jung gebliebener Korpulenter", meint er. Das Kostüm reicht jedoch nicht aus, um der Figur Authentizität zu verleihen: "Man muss sich auch passend zur Figur bewegen", sagt Wintgens und beugt den Rücken.
Im Gegensatz zum Fatsuit kann die Maske nach der Aufführung nicht mehr verwendet werden, denn Kostüm und Maske lassen die Schauspieler derart schwitzen, dass die Maske dabei unbrauchbar wird. Neue Aufführung, neue Maske - und der Prozess beginnt von vorne.