Krefeld 150-Mark-Auto läuft seit 50 Jahren

Krefeld · Ein 1968 gebauter VW-Käfer hat Bruno und Elise Becker gute Dienste geleistet: Seit 32 Jahren fahren sie den Wagen, der nun auch offiziell Oldtimer ist. Eine glückliche Fügung war der Kontakt zum Käfer-Club, der jetzt bei Reparaturen hilft.

 Der Käfer von Familie Becker hat noch nie in der Garage geparkt, sondern immer im Freien. Selbst der große Hagelsturm 2008 konnte ihm nicht viel anhaben, so stabil ist die Bauweise. Elise Becker fährt mit dem Wagen jeden Tag zum Einkaufen.

Der Käfer von Familie Becker hat noch nie in der Garage geparkt, sondern immer im Freien. Selbst der große Hagelsturm 2008 konnte ihm nicht viel anhaben, so stabil ist die Bauweise. Elise Becker fährt mit dem Wagen jeden Tag zum Einkaufen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Er läuft und läuft und läuft und läuft: Seit 32 Jahren fahren Elise und Bruno Becker denselben Wagen. 1983 kauften sie einen blauen VW-Käfer. Der war zu dem Zeitpunkt bereits 15 Jahre alt, hatte keinen Motor und kostete 150 D-Mark. Heute ist der Käfer ein echter Oldtimer, registriert und offiziell von Amts wegen mit einer H-Nummer versehen.

Erinnerungen an 32 Jahre und viele gemeinsame Kilometer im Fond des Käfers.

Erinnerungen an 32 Jahre und viele gemeinsame Kilometer im Fond des Käfers.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die sorgt nicht nur für günstigere Kfz-Steuer, sondern auch dafür, dass der Wagen in die Umweltzone fahren darf, auch ohne grüne Plakette. Und das ist wichtig für das Ehepaar, das an der Martinstraße lebt. Denn für die Beckers ist der blaue Käfer nicht ein Oldtimer-Ausstellungsstück, das nur für Sonntagsfahrten aus der Garage geholt wird, sondern das Fahrzeug für den täglichen Gebrauch, Fahrten zum Einkaufen und zum Arzt.

"Und eine Garage hat der Käfer übrigens nie gesehen", erzählt Elise Becker. "Der steht seit über dreißig Jahren immer draußen." Ob der Wagen des Baujahrs 1968 im nächsten Jahr noch einmal den TÜV schaffen wird, weiß sie nicht. "Wenn es nicht klappt, dann mache ich Schluss mit dem Autofahren", kündigt die 82-Jährige an. An einen anderen Wagen möchte sie sich nicht mehr gewöhnen: "Jede Ära geht mal zu Ende."

Viele Jahre hat Bruno Becker sich um den Käfer, Reparaturen und Instandhaltung, gekümmert. Angefangen mit dem Motor, den er nach dem Kauf selber eingebaut hat. "Mein Mann ist eigentlich Chemiker. Alles, was mit dem Wagen zu tun hatte, hat er sich selber beigebracht", erzählt Elise Becker nicht ohne Stolz. Seit einigen Jahren geht das aber nicht mehr, gesundheitliche Probleme haben dem ebenfalls 82-Jährigen zugesetzt. Die letzte große Reparaturaktion liegt nun schon 15 Jahre zurück. Damals, im Jahr 2000, hatte Bruno Becker die Karosserie geschweißt und alles repariert. Trotzdem waren die Fahrten in dem Oldtimer manchmal auch ein Nervenkitzel. "Einmal bin ich in Dortmund liegengeblieben", erzählt Elise Becker. "Ich war so erschrocken, weil ich nicht wusste, wie es weitergeht, dass mich der nette Herr vom Abschleppunternehmen erst mal in den Arm genommen und getröstet hat."

Längere Touren wie ins Thermalbad nach Arcen traut Becker sich heute nicht mehr zu, weil ihr Mann nicht mehr helfen kann, wenn der Wagen liegenbleibt. "Früher war ich oft bei Ikea, oder in Moers oder in Oberhausen. Aber immer über Land, nicht auf der Autobahn. Der Käfer fährt ja nur 70."

Im Frühjahr ist Elise Becker an einer Tankstelle an der Gutenbergstraße liegengeblieben, nichts ging mehr. "Da hat mich doch allen Ernstes ein Mann gefragt, ob ich ihm den Wagen nicht verkaufen will." Wollte sie nicht. Und dann kam die Rettung: Zufällig war Frank Schnellen vom Käfer Cabrio Club auch an der Tankstelle, und der kannte sich mit alten Käfern aus. "Ruckzuck hatte er die Benzinleitung repariert und wir konnten nach Hause fahren", erzählt die 82-Jährige. Das Zusammentreffen war für sie ein echter Glückstreffer. Denn seither hilft Frank Schnellen dem Ehepaar mit dem Uralt-Käfer, seine Hobby-Garage am Nauenweg liegt praktischerweise nur wenige hundert Meter vom Haus der Beckers entfernt.

Viele Geschichten hat Elise Becker zum Kult-Käfer zu erzählen. Von der Enkelin zum Beispiel, die unbedingt mal Braut spielen wollte - und sich dann in Braut-Verkleidung von der Oma im blauen Käfer hupend um den Zoo-Parkplatz chauffieren ließ. "Meine Enkelin konnte auch gar nicht verstehen, dass man beim Käfer keine Klimaanlage anmachen kann", erzählt Elise Becker und schmunzelt.

Eines hat sie in all den Jahren nicht geschafft, wie sie rückblickend feststellen muss. Nämlich die Polster des Wagens, die schon der Vorbesitzer "verhunzt" habe, in Ordnung zu bringen. Macht aber nichts: Mit ausrangieren Strickpullis, die über die Lehnen gezogen sind, einer Sammlung von Decken, Seidenblumen und Glücksbringern hat der blaue Käfer schon problemlos die Jahrtausendwende gemeistert.

(RP)
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