Wirtschaft in Krefeld 10.000 Kleinunternehmer denken an Geschäftsaufgabe

Krefeld · Soloselbstständige und Kleingewerbetreibende sind von der Corona-Krise besonders betroffen. Die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein befragte die Zielgruppe in Krefeld und anderswo.

 Im Gegensatz zu Großunternehmen seien die Mittel der Kleinen begrenzt, sagt IHK-Präsident Elmar te Neues.

Im Gegensatz zu Großunternehmen seien die Mittel der Kleinen begrenzt, sagt IHK-Präsident Elmar te Neues.

Foto: Lothar Berns/Berns, Lothar (lber)

Kleinunternehmer trifft die Corona-Krise besonders hart. Soloselbstständige und Kleingewerbetreibende sind vorrangig die Leidtragenden der pandemie-bedingten Einschränkungen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein im Dezember und Januar in Krefeld, Mönchengladbach und den Kreisen Viersen und Neuss durchgeführt hat. „Der Großteil unserer Mitgliedsunternehmen sind Kleingewerbetreibende, diese Firmen stehen jetzt ganz besonders unter Druck“, sagt IHK-Präsident Elmar te Neues. „Sie leisten einen wesentlichen Beitrag für unsere Wirtschaftskraft am Mittleren Niederrhein.“ Der IHK-Präsident appelliert, die besondere Situation der Kleingewerbetreibenden bei der Ausgestaltung staatlicher Hilfen stärker zu berücksichtigen. An der Befragung haben rund 350 Kleinunternehmer teilgenommen. Kleingewerbetreibende sind Unternehmer, die nicht im Handelsregister eingetragen sind. Im Bezirk der IHK Mittlerer Niederrhein sind dies knapp 48.000, also zwei Drittel aller Mitglieder.

Viele Kleingewerbetreibende sind im Einzelhandel, Gastgewerbe oder in der Reise- beziehungsweise Veranstaltungsbranche tätig. Bei 45 Prozent der Befragten sind temporäre Geschäftsschließungen aus Infektionsschutzgründen die Ursache der Umsatzeinbrüche. Rund ein Viertel der Befragten ist außerdem vom ausgefallenen Veranstaltungsgeschäft betroffen. Zwölf Prozent der Unternehmen sind von der schwer getroffenen Reise- und Touristikbranche abhängig. Mehr als die Hälfte der Befragten ist von der insgesamt verringerten Nachfrage betroffen. Die Umsatzeinbrüche schlagen sich auch in der Finanzlage der Unternehmen nieder. 55 Prozent der Kleingewerbetreibenden und Solo-Selbstständigen griffen im vergangenen Jahr auf Rücklagen zurück. Bei rund einem Drittel kam es dennoch zu Liquiditätsengpässen, bei neun Prozent droht sogar eine Insolvenz.

Zum Jahresbeginn meldete ein Großteil von ihnen eine schlechte Geschäftslage (40 Prozent). Nur ein Viertel bewertet die eigene Lage als gut, ein Drittel als befriedigend. Auch der Blick in die Zukunft ist weniger optimistisch: 45 Prozent rechnen damit, dass ihre Lage im Jahr 2021 ähnlich bleibt wie 2020, 36 Prozent glauben sogar an eine weitere Verschlechterung. Nur 20 Prozent gehen von einer besseren Geschäftslage in 2021 aus.

„Die Lage der Kleingewerbetreibenden ist damit deutlich schlechter als die Lage der Gesamtwirtschaft, wie wir sie Ende November analysiert haben“, so te Neues. Auch die Umsatzzahlen zeigen, dass die Restriktionen im vergangenen Jahr besonders die kleinen Firmen schwer getroffen haben. Fast 70 Prozent der Befragten haben im Vergleich zu 2019 Umsatzverluste erlitten. Bei rund 20 Prozent war der Umsatzrückgang größer als 50 Prozent. Bei der Gesamtwirtschaft am Mittleren Niederrhein lag dieser Wert im November bei rund zehn Prozent. Umsatzsteigerungen verzeichnen nur 13 Prozent der befragten Kleinunternehmen.

Die kleinen Unternehmen reagieren unterschiedlich auf die Krise. Fast die Hälfte der Befragten verschiebt oder streicht geplante Investitionen, ein Drittel sucht noch vorhandene Einsparpotenziale. Jeweils ein Viertel baut die Digitalisierung des Unternehmens und die Online-Präsenz aus. Rund 28 Prozent der Befragten, die Mitarbeiter beschäftigen, kündigten einen Personalabbau an. Ein Viertel der Befragten begegnet der Krise mit einer Umstellung des Geschäftskonzepts.

„Inzwischen haben viele Kleinunternehmen der Krise nichts mehr entgegenzusetzen“, betont te Neues. „Im Vergleich zu Großunternehmen sind die Mittel der Kleinen, eine solche Ausnahmesituation dauerhaft zu bewältigen, begrenzt.“ Fielen von wenigen Mitarbeitern nur zwei aus – beispielsweise durch die erschwerte Kinderbetreuungssituation – verteile sich die verbleibende Arbeit auf deutlich weniger Schultern. Zudem sei in klassischen Branchen des Kleingewerbes wie dem Einzelhandel oder dem Gastgewerbe Homeoffice kaum praktikabel. So denken bereits rund 20 Prozent der Befragten darüber nach, ihr Gewerbe aufzugeben. Im schlimmsten Fall bedeutet dies: Rund 10.000 Kleingewerbetreibende im gesamten IHK-Bezirk schließen.

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