Korschenbroich Verhältnis von Kirche und Politik

Korschenbroich · Martina Wasserloos-Strunk vom Kirchenkreis referierte bei "Zeitgesprächen".

"Zwei Reiche - nichts gemeinsam? Kirche und Politik", lautete das Thema in der Reihe "Zeitgespräche" der evangelischen Kirchengemeinde. Martina Wasserloos-Strunk, Politologin und Referatsleiterin "Erwachsenenbildung" beim Kirchenkreis Gladbach-Neuss, machte unter anderem deutlich, warum die Kirche gar nicht demokratisch sein kann.

"Die Kirche hat eine Wächterfunktion, bei ethisch brisanten Themen bringt sie ihre Positionen ein und wird auch oft von der Politik um eine Stellungnahme gebeten - das war nicht immer so", sagte die Referentin in der evangelischen Kirche.

Während Luther die Obrigkeit noch als etwas Verpflichtendes sah, galt für Calvin: "Wo die Obrigkeit Gottes Willen widerspricht, gibt es eine Pflicht zum Widerstand." Dass das Getreide in den Speichern gehortet wurde, um Preise in die Höhe zu treiben, war für Calvin etwas, das Gott nicht gutheißen würde.

Wie war das Verhältnis zwischen Kirche und dem Nazi-Regime? "Die Kirchen verhielten sich wenig heldenhaft, oft überwog die Zustimmung zur Politik", erklärte Wasserloos-Strunk. Auch in der Barmer Theologischen Erklärung sei die Judenverfolgung nicht vorgekommen.

Es habe lange gedauert, bis sich Kirche und Demokratie angefreundet hatten. Und die Referentin verriet ihre aktuelle Sorge: "Ich fürchte, dass die Kirchen unpolitischer werden." Dabei gehe es bei Themen wie Menschenrechten, Flüchtlingen oder Freihandelsabkommen mit den USA darum, kritisch zu sein.

Wie es in der Kirche um die Demokratie bestellt ist: Ein Stichwort in diesem Zusammenhang heißt Kooptation. Das bedeutet, dass kirchliche Gremien wie das Presbyterium selber Mitglieder wählen können. "An einer Presbyterwahl beteiligen sich in der Regel neun Prozent der Wahlberechtigten - so richtig demokratisch ist das auch nicht", sagte Wasserloos-Strunk. Eine Besonderheit sei das Einmütigkeitsprinzip in der Kirchenordnung, wonach Enthaltungen zu den Nein-Stimmen gezählt werden.

Wasserloos-Strunk betonte zudem, dass die Kirchen Impulsgeber für das demokratische Bewusstsein seien: "Wir dürfen Visionen entwickeln, das ist ein kolossaler Schatz, den wir da haben."

(NGZ)
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