Unges Pengste 2013 Als das Brauchtum wieder laufen lernte

Korschenbroich · Hans Döhmen, Elmar Konnertz und Heinz Thoren sind Korschenbroicher Bruderschaftler der ersten Stunde. Sie erlebten hautnah, wie dem Brauchtum nach dem Krieg neues Leben eingehaucht wurde.

Wenn am Wochenende wieder Tausende Menschen zum Matthias-Hoeren-Platz strömen, um als große Gemeinschaft Unges Pengste zu begehen, dann feiert Korschenbroich sich selbst und seine 500-jährige Schützentradition. Dass diese Tradition nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges neu begründet werden konnte, ist den Männern der ersten Stunde zu verdanken, die vor 65 Jahren die Bruderschaften wieder belebten und 1949 das erste Schützenfest ausrichteten.

Dreizehn Männer der ersten Stunde werden am Sonntag besonders geehrt. Der Kreis der 49er — heute in Ehren ergraute Schützen-Pensionäre — wird beim Musikfrühschoppen Erinnerungen austauschen und davon erzählen, wie alles begann. Ganz bescheiden — mit einer kleinen Parade im Schatten von St. Andreas, deren Wiederaufbau noch nicht abgeschlossen war; mit Uniformen aus dem Kostümverleih, die teils Mottenlöcher hatten; mit Bier in Friedensqualität, dass mancher der jungen Schützen noch nicht so richtig vertrug.

Während im benachbarten Pesch bereits 1947 das erste kleine Schützenfest gefeiert wurde, ließen sich die Korschenbroicher Zeit. Zu stark zerstört war der Ortskern um die Kirche, zu groß waren die Verluste in den Reihen der Bruderschaft, um an ein großes Fest zu denken. Nach der Währungsreform 1948 gab es erste Initiativen, die beiden angestammten Bruderschaften, deren öffentliches Auftreten von den Nazis 1938 verboten worden war, wieder zu beleben. Bald fand sich ein Kreis engagierter Schützen, die mit der Reorganisation des Schützenwesens begannen. Elmar Konnertz, Hans Döhmen und Heinz Thoren — heute weit in den 80er Jahren und damals junge Spunde — waren mit dabei und erlebten die kontinuierliche Renaissance des Brauchtums.

Sie denken noch oft an die schwierige Zeit zurück, in der die Katharina-Junggesellen und die Sebastianer wieder das Laufen lernten. Hans Döhmen erinnert sich noch gut an das erste Schützenfest, das mit dem heutigen Unges Pengste nicht zu vergleichen ist. "Die Grundidee ist immer dieselbe geblieben, aber damals waren wir sehr wenige Schützen und haben dementsprechend nur eine kleine Parade abgenommen", sagt Döhmen. Doch bevor 200 Schützen durch Korschenbroich ziehen konnten, musste eine organisatorische Meisterleistung vollbracht werden. "Es war ja nichts da, viele waren im Krieg gefallen, dementsprechend mussten wir uns neu organisieren. Es war schwer, aber letztendlich ging alles Hand in Hand", so Döhmen. Sonntags nach der Kirche wurde er angesprochen, ob er nicht Lust hätte, sich einzubringen. Döhmen sagte spontan zu.

Auch Heinz Thoren meisterte die Herkulesaufgabe mit. "Wir mussten wieder bei Null anfangen und alle Posten neu besetzen", sagt der Korschenbroicher. Zunächst habe man sich versammelt und entschieden, wer welche Aufgabe übernimmt. Für den damals 21-Jährigen war das Schützenwesen absolutes Neuland. Mit jugendlicher Neugier entschied er, gemeinsam mit zwei Freunden die Ämter der Fahnenoffiziere zu bekleiden. "Wir haben gedacht, ,das ist was für uns', daraufhin haben wir uns gemeldet", erinnert sich Thoren schmunzelnd. Sein Bruder Karl war Fähnrich. Freund Willy Herzogenrath zweiter Fahnenoffizier.

Wenn Elmar Konnertz die Zeit gedanklich ins Jahr 1949 zurückdreht, dann hat er oft die Bilder vor Augen, wie er und seine Schützenfreunde mit einer Armbrust auf einen Weißkohl schießen. "So haben wir damals den Schützenkönig ermittelt, weil Gewehre verboten waren", sagt der 84-Jährige, der in diesem Jahr wohl zum letzten Mal die Parade mit abnimmt. "Als Ehrenhauptmann marschiere ich selbstverständlich mit, aber ich bin nicht mehr der Jüngste — nächstes Jahr wird Schluss sein", so Konnertz. Auch Heinz Thoren und Hans Döhmen werden wieder ihre Uniformen aus dem Schrank holen, auch wenn sie nicht mehr im Schützenzug aufmarschieren. Wichtig ist ihnen der Zusammenhalt und die gute Gemeinschaft zu Unges Pengste.

Da sind sich Ehren-Oberst Döhmen und Heinz Thoren, mit 85 Jahren noch Ratgeber im Bruderrat, schnell einig: "Schütze zu sein, ist eine Lebensaufgabe." Und: "Ohne Unges Pengste wäre Korschenbroich nur halb so schön. Das Fest hält Dorf und Menschen zusammen." Deshalb sei Unges Pengste 1949 mehr gewesen als der Neubeginn einer Festidee. Korschenbroich, so sagen die Senioren, habe sich damals neu erfunden.

(RP/rl/url)
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