Geschichte der Stadt Korschenbroich Spezialistin rettet Uralt-Dokumente aus Stadtarchiv vor Schimmel

Korschenbroich · Über wenig Arbeit kann Tina Löhr nicht klagen: 144 Kartons mit jeweils vier bis acht historischen Akten aus dem Stadtarchiv Korschenbroich muss die Papierrestauratorin von gesundheitsschädlichen Schimmelsporen befreien – zum Teil unter Atemschutz.

 Bei ihrer Arbeit braucht Tina Löhr jede Menge Geduld. Sie beseitigt Schimmelsporen von Akten aus dem Korschenbroicher Stadtarchiv.

Bei ihrer Arbeit braucht Tina Löhr jede Menge Geduld. Sie beseitigt Schimmelsporen von Akten aus dem Korschenbroicher Stadtarchiv.

Foto: Löhr

Durch falsche Lagerung in früheren Jahrzehnten zersetzt sich das Papier der Dokumente, die zu einem großen Teil mehr als 100 Jahre alt sind. Mit speziellen Radier-Schwämmen und Staubsaugern rückt sie den Schriftstücken zu Leibe. „In einem Karton sind rund 1000 Blatt“, sagt die Kölnerin. „Und für ein Blatt brauche ich durchschnittlich zwei Minuten.“

Konkret bedeutet das: Sie wird wohl noch bis April 2020 damit beschäftigt sein, die Akten aus dem Korschenbroicher Archiv zu reinigen – Blatt für Blatt. Das kostet viel Geld, nach Angaben der Stadtverwaltung 42.000 Euro. Die Hälfte wird über Zuschüsse des Bundes finanziert, der nach dem Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar und dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs eine Koordinierungsstelle für die Erhaltung schriftlichen Kulturguts eingerichtet hat. Die Stadt Korschenbroich hatte sich zuvor um Unterstützung bemüht und Geld erhalten.

Die Reinigung des mitunter sehr dünnen Papiers ist aufwendig, aber wichtig. „Die Schimmelsporen können bei Nutzern Allergien auslösen oder verstärken“, sagt die Diplom-Papierrestauratorin, die seit einiger Zeit häufig mit von Schimmel befallenen Dokumenten zu tun hat. „Schimmel bildet sich meist durch Verschmutzungen, die sich auf dem Papier absetzen, und durch Feuchtigkeit.“ Auch ungeeignete klimatische Bedingungen könnten Schimmel fördern.

Tina Löhr entfernt die Sporen, die sich in unterschiedlichen Farben auf den Dokumenten verbreiten. „Manchmal muss ich auch kleine Insektenlarven entfernen, die im Papier zerquetscht sind.“ Ein bisschen eklig sei es manchmal schon, aber nicht langweilig. „Ich habe immer schnell ein Erfolgserlebnis“, sagt die 44-Jährige, die für die Stadt Korschenbroich unter anderem Personenstandsurkunden und Bauakten reinigt. Sie datieren aus den Jahren 1800 bis 1945, die meisten stammen jedoch aus der Zeit um die Wende vom 19. auf das 20. Jahrhundert. Was das genau für Schriftstücke sind, die sie da reinigt, weiß sie gar nicht genau: „Zum Lesen bleibt beim Restaurieren kaum Zeit.“

Die Spezialistin ist bereits seit einigen Monaten mit der Reinigung beschäftigt, immer wieder holt sie neue Aktenbestände in Korschenbroich ab. Gerettet und damit wieder für Nutzer des Stadtarchivs zugänglich sind beispielsweise Schulchroniken, die bei Heimatforschern besonders beliebt sind, weil sie viel Aufschluss über den Alltag aus früheren Zeiten geben. Wieder nutzbar sind nach Auskunft der Stadt darüber hinaus polizeiliche Unfall-Untersuchungen und Dokumente über den Besuch von Kronprinzen in Korschenbroich.

Info Wer in den Unterlagen des Stadtarchivs forschen möchte, findet Nutzer-Informationen unter www.korschenbroich.de in der Rubrik „Heimat und Leben“.

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