Korschenbroich Musikalische Lesung über "Gottes Klänge"

Korschenbroich · Der evangelische Theologe Johann Hinrich Claussen las in St. Andreas aus seinem neuen Buch.

 Kantor Martin Sonnen und das Vokalensemble an St. Andreas.

Kantor Martin Sonnen und das Vokalensemble an St. Andreas.

Foto: Ilgner

Gottes Klänge sind nicht nur dem Himmel und den Kirchen vorbehalten. Sie haben ihren Weg auch in die Straßen als Waffen "im städtischen Meinungsgetümmel" gefunden. So sieht es Johann Hinrich Claussen. Im Rahmen des niederrheinweiten Literaturprogramms "Horizonte.himmelwärts" fand der evangelische Theologe in der Kirche St. Andreas den idealen Rahmen für die Vorstellung seines neuen Buches "Gottes Klänge. Eine Reise durch die Geschichte der Kirchenmusik".

Kantor Martin Sonnen und das von ihm geleitete Vokalensemble an St. Andreas ergänzten das Wort mit einfühlsam intonierten Beiträgen zur Lesung. Das Ensemble eröffnete die Veranstaltung mit Hasslers "Dixit Maria". Die fein nuancierte Interpretation war eine wunderbare Einladung, sich auf das Thema einzulassen. Dr. Rita Mielke zitierte zur Begrüßung Claussens Statement: "Ich kann mir das Christentum ohne Musik nicht vorstellen". Der habilitierte Theologe und Propst an der evangelischen Hauptkirche St. Nikolai in Hamburg wurde kürzlich vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Kulturbeauftragten in Berlin berufen. Claussen sagte von sich, dass er die Begabung habe, Musik zu genießen, aber nicht die des ausführenden Musikers.

Gerade das machte den Charme der Lesung aus, die sich mit dem Erleben von Musik sowie politischen Dimensionen auseinandersetzte. Als Paten erwählte Claussen den Aufklärer Georg Christoph Lichtenberg, der empfand, nur die Musik könne Ehrfurcht im Verbund mit Einsicht und Genuss schenken. Oft bestehe die Gefahr, Kirchenmusik als zu heilig einzustufen, sagte Claussen zur Musik der Reformationszeit. Die massenhafte Verbreitung der Botschaft sei vor allem durch die Lieder geschehen, mit denen reformatorische Aufwiegler Autoritäten stürzen wollten. Heinrich Heine habe das protestantische Kirchenlied "Eine feste Burg ist unser Gott" als "Marseillaise der Reformation" bezeichnet. In einer musikalischen Antwort improvisierte Martin Sonnen gestaltungsfreudig über das musikalische Thema. "Wie zart und wunderbar innerlich berührend Luthers Choral sein kann", kommentierte Claussen das Orgelspiel und erschütterte mit dem Hinweis, dass dieses Kirchenlied als Schlachtgesang in der zeit der Nationalsozialisten missbraucht wurde.

Bewegend waren die Worte über die letzte Aufführung von Mendelssohn-Bartholdys Oratorium "Elias" im Dritten Reich durch die jüdische Kulturgemeinde. Ein Zeitzeuge habe berichtet, wie auf den Schluss-chor im Werk des jüdischen Komponisten zunächst vollkommene Stille und dann große Erregung folgten.

(NGZ)
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