Serie „Mein Korschenbroich“ Ein Ort mit Geschichte und Geschichten

Korschenbroich · In der Länge misst Raderbroich gerade mal 1,5 Kilometer. Doch an besonderen Gebäuden mangelt es dem Stadtteil nicht.

 Der älteste und der jüngste Einwohner Raderbroichs gemeinsam am Hoerenhof: Peter Erkelentz (91) und der wenige Wochen alte Henry mit seinen Eltern Julia und Stefan Kamper.

Der älteste und der jüngste Einwohner Raderbroichs gemeinsam am Hoerenhof: Peter Erkelentz (91) und der wenige Wochen alte Henry mit seinen Eltern Julia und Stefan Kamper.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Die heutige Schreibweise lässt die Bedeutung des Ortsnamens nicht mehr erkennen. In der alten Bezeichnung Rörbrok aber liest Peter Hoeren die Übersetzung Schilfwald. „Wenn der Rhein Hochwasser führte, war hier immer alles überschwemmt“, sagt Hoeren. Über Jahre führte der Sohn des früheren Landrats Matthias Hoeren auf dem elterlichen Vierkanthof eine Fattoria und verwandelte diesen mit Ausstellungen und Mundartveranstaltungen in einen kulturellen Treffpunkt. Im Innenhof datiert eine Tafel den Hoerenhof als Olbetzhof auf 1752.

„Es gab keinen Olbetz in der Familie. Der Name muss eine andere Bedeutung haben“, sagt Hoeren und zeigt eine Karte, auf der 33 ehemalige Bauernhöfe aufgelistet sind. Auffallend ist, dass sich auch hier die Schreibnamen von den Rufnamen der Besitzer unterscheiden. Ungewöhnlich ist ebenso die Methode der Hausnummerierung, bei der etwa Haus 14 schräg gegenüber vom Nachbarn 138 steht. Ein Grund könnte die Bebauung der einst lang gezogenen Grundstücke sein.

„Früher gab es hier viele Bauernhöfe und sonst nur wenige Häuser. Wer hier wohnte, war Selbstversorger, bepflanzte seinen Garten, hatte ein paar Ziegen“, erzählt Peter Erkelentz, mit 91 Jahren ältester Raderbroicher. Der nur wenige Wochen alte Henry ist der jüngste. Seine Eltern Julia und Stefan Kamper freuen sich, dass der Sohn im ländlichen Umfeld aufwächst. Bei der Zugehörigkeit der Schützen zu den Bruderschaften in Korschenbroich oder Herrenshoff spiegelt sich die frühere Zweiteilung des Stadtteils.

„Wir haben ein vorderes und ein hinteres Raderbroich, einst abhängig von der Zugehörigkeit zur Kirchengemeinde. Der westliche Teil orientierte sich Richtung Herrenshoff, der östliche an Korschenbroich. Heute gehen alle Kinder in Herrenshoff zur Grundschule, und der Arbeitsradius reicht bis Düsseldorf“, sagt Fritz Otten. Sein Großvater, der Gladbacher Textilindustrielle Karl-Josef kaufte 1936 das Anwesen Hof-Hof, das vom Damenstift St. Quirinus gegründet und 1280 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Der Ahnherr ließ den alten Fachwerk-Vierkanthof abreißen und baute auf den Fundamenten einen neuen Doppelhof, in dem sich heute neben dem Wohnbereich die Otten Architekten GmbH befindet.

 Seit 1985 unter Denkmalschutz: die Matthias-Kapelle.

Seit 1985 unter Denkmalschutz: die Matthias-Kapelle.

Foto: Thomas Grulke

„Der Name Hof-Hof geht vermutlich auf den Pächter Houffz zu Hof zurück“, erzählt Otten. Vor zwei Jahren kaufte er das alte Brauhaus, das knapp 100 Jahre der Familie Dreßen gehörte. „Die Gaststätte ist ein sozialer Mittelpunkt von Raderbroich und auch von Herrenshoff, wo es keine mehr gibt“, sagt Otten. Achim Hoeps, in Nachfolge von Helmut Johnen Vorsitzender des Kapellen-Fördervereins, sagt: „Die Matthias-Kapelle ist ein wichtiger Kommunikationspunkt. Jeden zweiten Donnerstag von April bis Oktober findet hier die Werktagsmesse von Herz-Jesu statt. Dann hat fast immer irgendwer für danach einen Aufgesetzten oder Eierlikör dabei“.

Gemeinschaftssinn spiegelt sich ebenso in der Entstehungsgeschichte der 1934 eingeweihten Kapelle. Der Architekt und Bauunternehmer Schiffer zum Beispiel mauerte mit Helfern das Gebäude höchstpersönlich. 1975 wurde aus der Kapelle die große Matthias-Figur gestohlen. Drei Jahre später wurde sie von niederländischen Fischern aus der Maas gezogen. Im Tausch gegen eine Wagenladung Bier fand sie den Weg zurück nach Raderbroich.

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