Natur in Korschenbroich „Eine Wildwiese ist sinnvoller als Gras“

Korschenbroich · Theo Verjans ist in Korschenbroich für Natur und Umwelt zuständig. Von der Bauleitplanung bis zum Grundwasser kümmert er sich um alles, was den Naturschutz betrifft. Dazu gehört auch die Hochzeitswiese, die bald erweitert wird.

 Theo Verjans kann die Hochzeitswiese bald erweitern. Dann wird die Fläche dreimal so groß sein wie jetzt. Die Korschenbroicher nehmen das Stück Natur gerne an. Dort wachsen Wildblumen und Apfelbäume.

Theo Verjans kann die Hochzeitswiese bald erweitern. Dann wird die Fläche dreimal so groß sein wie jetzt. Die Korschenbroicher nehmen das Stück Natur gerne an. Dort wachsen Wildblumen und Apfelbäume.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Er heißt „Schöner von Elmpt“ oder „Freiherr von Berlepsch“. Beides sind Apfelbäume, der eine gestiftet für einen Mitarbeiter, der in Ruhestand gegangen ist, der andere für ein Goldhochzeitspaar. Die Bäume stehen auf der Hochzeitswiese in der Nähe von Raderbroich. Ein neben der Hochzeitswiese liegendes Feld wird bald dazukommen. „Die Fläche ist dann dreimal größer als jetzt“, sagt Theo Verjans, Umweltexperte der Stadt Korschenbroich. Die Idee war es ursprünglich, Hochzeitspaaren eine Alternative zu Liebesschlössern an Brücken anzubieten. Mit einem Baum zum Ehestart konnten sie einen Beitrag zur Natur in der Stadt leisten. Denn: „So wie der Rhein-Kreis Neuss ist auch die Stadt Korschenbroich eher waldarm.“ Welche Bäume dürfen denn auf die Wiese? „Alle Obstsorten und dazwischen pflanzen wir Wiesenblumen und Gehölze“, sagt Verjans. Es sei wichtig, dass die Insekten Nahrung finden. Dazu hatte die Stadt auch eine Nisthilfe für Insekten aufgestellt. Die ist jedoch leider von Unbekannten zerstört worden.

Die gut angenommene Hochzeitswiese ist ein kleiner Teil der Arbeit von Theo Verjans. Er hat Biologie und Geographie studiert und mit einer Arbeit über „Alpine Rasengesellschaften im Kalk“ promoviert. Seit Ende 1988 ist er bei der Stadtverwaltung. „Zunächst war das eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, erst später wurde eine Stelle daraus.“ Es war die Zeit, als die Umweltdiskussionen im Land auch in Korschenbroich ankamen. Heute ist Verjans zuständig für die Bauleitplanung, für Artenschutz und das leidige Thema Grundwasser. „Wenn ein neuer Bebauungsplan aufgestellt wird, wie etwa in der Niers Aue, dann geht es am Anfang um die Frage des Artenschutzes. Wir prüfen, welche Tiere dort vorkommen, Vögel, Fledermäuse und Säugetiere.“ Wenn es größere Haupttiergruppen betreffe, dann werde ein Gutachter bestellt. „Bei kleineren mache ich das gemeinsam mit der Vogelschutzgruppe selbst. Wenn ein bestimmtes, schützenswertes Tier gefunden wird, siedeln wir es um.“ Damit einher gehen Ausgleichsflächen, auf denen bestimmte Bereiche so ausgesät werden, dass die Feldlerche eine neue Heimat finden kann. „Oder wir stellen Niströhren für Steinkäuze auf.“

Zu jedem Bebauungsplan stellt Verjans einen Umweltbericht vor. Dabei werde alles, was dort vorhanden sei, bilanziert. „Wenn es vorher eine reine Ackerfläche war, muss ein Ausgleich geschaffen werden. Oft wird dann aus einem Acker eine Wiese mit Obstbäumen oder Feldgehölzen.“ Die Stadt betreibe eine Vorratshaltung von Flächen, die zum Ausgleich von Baumaßnahmen dienen können. „Das ist unser Ökokonto.“ Verjans kontrolliert auch, was aus den Ausgleichsmaßnahmen wird. Das gilt etwa für Auflagen, die einzelne Bauherren in einem Bebauungsplan erfüllen sollen, etwa „wenn 50 Prozent aller Vorgärten grün sein müssen statt überall Schotterflächen.“ Das gelte auch für die Auflage, Hecken anzupflanzen. Im Übrigen empfiehlt Verjans, in Gärten über Obstwiesen nachzudenken statt überall Rasenflächen anzulegen. Und bei den Gehölzen sollte man einheimische Arten nehmen. „Eine Wildwiese ist sinnvoller als Gras. Da kann jeder etwas gegen das Insektensterben tun. Früher hatte jeder einen Hausbaum, aber dafür sind die Grundstücke heute zu klein.“ Wenn es um einen externen Ausgleich in einem anderen Teil der Stadt oder außerhalb geht, stimmt sich Verjans mit der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises oder dann mit dem Forstamt ab, wo Waldflächen eine Rolle spielen.

Zum Grundwasser weist Verjans darauf hin, dass die Zehn-Jahres-Verträge mit den betroffenen Bürgern im Jahr 2021 auslaufen. „Die Wasserrechte müssen neu beantragt werden, und wir müssen sehen, wie es finanziert wird.“ Der Bürger müsse wohl auch weiterhin – ähnlich wie jetzt – einen Teil der Kosten tragen. „Im Herbst fangen wir mit den Vorbereitungen an.“ Zudem müsse man beim Thema Natur und Umwelt sehen, was der Klimawandel in dieser Hinsicht noch bringe. Die jetzige radikale Trockenheit habe gezeigt, „dass wir im Wald eventuell auf ganz andere Baumarten setzen müssen.“

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