Unterwegs in Kleinenbroich Auf der Suche nach dem Ortskern

Serie | Korschenbroich · Kleinenbroich hat vieles, nur ein wirkliches Zentrum anscheinend nicht. Wir haben uns bei einem Rundgang mit Mitgliedern des örtlichen Heimatvereins auf die Suche nach der Mitte begeben.

 Die Vorstandmitglieder des Heimatvereins vor dem Rundgang durch Kleinenbroich (v.l.): Michael Plum, Edith Carsjens, Stefan Schramke und Marlene Hoesen.

Die Vorstandmitglieder des Heimatvereins vor dem Rundgang durch Kleinenbroich (v.l.): Michael Plum, Edith Carsjens, Stefan Schramke und Marlene Hoesen.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Es ist ein Dauerthema in Kleinenbroich: der fehlende Ortskern. So gerne die Kleinenbroicher auch in ihrem Stadtteil leben, so unzufrieden sind sie mit der Ausgestaltung ihres Zentrums. Das zeigte sich auch bei der „Werk-Stadt“-Auftaktveranstaltung Anfang März. Die NGZ hat diese Unzufriedenheit zum Anlass genommen, um sich mit dem Vorstand des Heimatvereins Kleinenbroich zu einem Stadtteil-Spaziergang zu verabreden. Gemeinsam haben wir uns auf die Suche nach möglichen Ortskern-Kandidaten begeben und unterwegs über die guten und schlechten Seiten Kleinenbroichs gesprochen.

Bahnhof In vielen Orten ist er so etwas wie der natürliche Mittelpunkt, in Kleinenbroich haben Bahnhof und Bahnlinie eher teilenden Charakter. Die Bahnlinie unterteilt an vielen Teilen des Stadtteils in dies- und jenseits. „Das ist leider so, daran lässt sich wohl nichts ändern“, sagt Edith Carsjens. Mit dem Bahnhof selber können die Mitglieder des Heimatvereins seit der Umgestaltung 2014 deutlich besser leben. Seitdem ist der ungeliebte Mittelbahnsteig gewichen und das Bahnhofsumfeld barrierefrei. Verbesserungsbedarf gebe es trotzdem noch.

Stefan Schramke wünscht sich eine Videoüberwachung, die gegen den häufig vorherrschenden Vandalismus helfen könne, Carsjens mehr Beleuchtung. „Ich gehe hier abends im Dunkeln nicht mehr durch“, sagt sie. Auch werde das Bahnhofsumfeld häufig nicht gut genug in Stand gehalten. Dann sammelten sich Dreck und Graffiti. Das gelte auch für die Unterführung zwischen Antoniuskapelle und Lindenhof. So ein bisschen käme dabei auch das Gefühl hoch, in Kleinenbroich nur zweite Wahl zu sein. In Korschenbroich gehe das mit dem Säubern immer noch ein bisschen schneller und besser, so das Gefühl. „Das ist halt der Bürgermeister-Stadtteil“, sagt Carsjens.

Jüchener Bach Darauf den Jüchener Bach zum Ortskern zu erklären, käme wohl niemand der Heimatverein-Mitglieder. Und doch, der Bach und seine angrenzenden Spazierwege sind so etwas wie eine Kleinenbroicher Lebensader. „Der Weg entlang des Bachs bis zum Sportplatz ist ideal“, sagt Michael Plum. Er sei super zum Spazieren und werde dementsprechend auch viel genutzt. Leider auch zu den falschen Zwecken. „Der Weg wird häufig als Hundeklo missbraucht“, sagt Schramke. Zwar seien aus diesem Grund vor Jahren schon Kotbeutelspender aufgestellt worden. Geholfen habe es jedoch nicht so wirklich. Häufig seien sie auch leer, merkt Carsjens an.

Auf den Kempen „Jetzt sind wir im geographischen Orstkern“, sagt Schramke als wir im verkehrsberuhigten Bereich der Straße Auf den Kempen angekommen sind. Hier treffen sich die Kleinenbroicher beim Bäcker, beim Eiscafé und zum Pizza essen. Oder sie lassen sich in Joseph’s Barber Shop frisieren. „Für mich ist das das schönste Geschäft der Stadt“, sagt Schramke zu dem Herrenfrisör. Doch im geographischen Ortskern ist lange nicht alles gut. Während unseres Rundgangs am frühen Abend ist nicht viel los. Und zwischen den etwas belebteren Ecken herrscht viel Leerstand.

„Ein kleines Lebensmittelgeschäft fehlt“, sagt Plum. Schramke würde sich zudem einen Herren- oder Damenausstatter wünschen. Sie alle essen mal ein Eis in der Straße. Viel mehr Zeit verbringen auch die Mitglieder des Heimatvereins dort nicht. Warum läuft es hier nicht so richtig? Fehlt das Interesse oder das Angebot, will ich wissen. „Beides“, antwortet Marlene Hoesen.

Kirche und Ehrenmal Vorbei am Lindenhof – eine von insgesamt sechs verbliebenen Kneipen im Ort, wie Plum vorrechnet – geht es zum Ehrenmal. „Gerade sieht es noch ganz gut aus“, sagt Schramke. Doch in der Regel verkomme der Platz außerhalb von Schützenfest und Volkstrauertag. Dann sehe es dort ziemlich verwahrlost aus. Schramke findet das schade. „Das Ehrenmal wird seinem Anspruch nicht ganz gerecht“, sagt er. Stattdessen träfen sich dort Jugendliche im Dunkeln.

Drumherum liegt eine Gegend, die vor Jahrhunderten einmal den Kleinenbroicher Ortskern bildete. „Ganz früher war die Kirche das Zentrum“, sagt Plum. Dann habe sich irgendwann alles verlagert. Zwischen Kirche und Ehrenmal liegt auch das alte Bürgermeisteramt. Carsjens hat dort noch geheiratet, sagt sie.

Auch wenn, wie kürzlich Mitglieder des Kirchenbauvereins erwähnten, die Kirche für viele nach wie vor so etwas wie das Ortszentrum sei: Geographisch gesehen sind diese Zeiten jedoch schon sehr lange vorbei.

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