Premierenlesung im Kulturbahnhof Statt Glamour Zeit der Gewalt in Izquierdos neuem Roman

Korschenbroich · Andreas Izquierdo stellte im Kulturbahnhof seinen neuen Roman „Labyrinth der Freiheit“ vor. Die Premierenlesung war zeitgleich zum Erscheinungstermin des neuen Buches.

Andreas Izquierdo stellte seinen neuen Roman im Kulturbahnhof in Korschenbroich vor.

Andreas Izquierdo stellte seinen neuen Roman im Kulturbahnhof in Korschenbroich vor.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

„Labyrinth der Freiheit“ – schon der Titel des neuen Romans von Andreas Izquierdo enthält die wesentlichen Schlüsselwörter des groß angelegten und ein Finale signalisierenden Buchs. Der Autor stellte es bei seiner Premierenlesung auf Einladung des Vereins „Korschenbroich liest“ im vollbesetzten Kulturbahnhof vor.

Der Titel wurde auf eindrucksvolle Weise dechiffriert. Seit zwölf Jahren hat Izquierdo an seiner Roman-Trilogie gearbeitet. Sehr mühevoll sei die Recherche gewesen, verriet er. „Schatten der Welt“ und „Revolution der Träume“ waren die ersten beiden Bände. Im neuen Buch werden die Lebensgeschichten der Hauptdarsteller Artur, Isi und Carl weitergeführt. Faszinierender noch sind die als Kulisse dienenden frühen 1920er Jahre in Berlin.

Dabei konnte das Publikum akustisch und nicht zuletzt dramaturgisch aus dem Vollen schöpfen. Diese Ära, die in Filmen meist reißerisch als die Roaring Twenties mit einer Menge Glamour verklärt wird, war ganz anders. Den Spiegel dieser Zeit voller Gewalt, Hunger und Tod vorzuhalten, das war bei aller schriftstellerischen Faszination das Ergebnis des Abends.

Und verblüffend sind die Parallelen zu heute – nicht zuletzt, weil es in Europa wieder einen Krieg gibt und sich niemand vorzustellen wagt, wie das „Danach“ aussehen wird.

Nach dem Ersten Weltkrieg war alles furchtbar. Mord und Totschlag sind an der Tagesordnung, die Massen verelenden, und die fest gefügten Wertevorstellungen der Kaiserzeit erodieren. Das erleben Artur, Isi und Carl am eigenen Leib, und der Autor verwendet sehr viel Zeit darauf, dramatisch, aber stellenweise sogar humorvoll darauf einzugehen.

Ein Einstieg in die „zerklüftete Wirklichkeit“ ist der Blick auf die damalige Filmstadt Babelsberg mit ihrem tyrannischen Regisseur Fritz Lang. Ein anderer sind Demonstrationen, die in Revolten umzuschlagen drohen. Hochkonjunktur haben die große und die kleine Kriminalität, sodass die Strafverfolgungsbehörden gar nicht mehr nachkommen.

Der Autor nimmt atemlose Szenenschnitte vor und verwendet sogar den groben Berliner Jargon. In einem Prozess stellt er die Doppelmoral der alten Welt dar und wie sich hier freiheitliche Regungen Bahn brechen. Er skizziert Sittengemälde und stellt sich auf die Seite der Opfer.

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