Kampagne in Korschenbroich Opfer so unter Druck gesetzt, „dass der Verstand aussetzt“

Korschenbroich · Die Stadt ist Kooperationspartner der Polizei im Rhein-Kreis Neuss bei deren Kampagne gegen Telefonbetrüger. Wie insbesondere Senioren sensibilisiert werden sollen für die perfiden Maschen der kriminellen Anrufer.

Die Seniorenbeauftrage der Stadt, Petra Köhnen (l.), und Stephanie Pampel, Präventionsexpertin bei der Polizei im Rhein-Kreis Neuss, wollen mit Plakaten, Flyern und Broschüren Senioren vor kriminellen Betrugsmaschen warnen.

Foto: Markus Rick (rick)

Als Seniorenbeauftragte liegt Petra Köhnen, Leiterin des Amtes für Soziales und Demografie, die Sicherheit von älteren Menschen in der Stadt besonders am Herzen. „Deshalb haben wir als Kommune mit der Polizei im Rhein-Kreis Neuss eine Kooperationsvereinbarung geschlossen und beteiligen uns an der Kampagne ‚Auflegen’“, sagt Köhnen. Senioren würden bei betrügerischen Anrufen von Kriminellen massiv unter Druck gesetzt. Daher wolle die Stadt mit verschiedenen Informationsangeboten verstärkt für Betrugsmaschen wie beispielsweise den „Enkeltrick“ sensibilisieren.

Was sich hinter der Kampagne „Auflegen“ verbirgt, erklärt wiederum Stephanie Pampel. Die Präventionsexpertin bei der Polizei im Rhein-Kreis Neuss ist zur Vorstellung ins Sozialamt gekommen. Im Standesamt hat sie ein großes Plakat aufgehängt. Der TV-Koch und Moderator Horst Lichter ist darauf abgebildet. Darüber steht in großen Lettern: „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!“ In ebenso großen, signal-roten Buchstaben steht darunter „Auflegen!“, zusätzlich die Warnung: „Wenn Ihnen am Telefon jemand erzählt, Sie hätten einen Preis gewonnen und müssten vorher eine ‚Gebühr‘ bezahlen: Es gibt keine Gebühr für Gewinnauszahlungen. Das ist Betrug.“

Mit verschiedenen Prominenten aus dem Rhein-Kreis Neuss wie beispielsweise den Mitgliedern der Band „Die Räuber“, Rita Süssmuth oder Wolfram Kons gibt es weitere Plakate, Flyer oder Karten, die alle dieselbe Botschaft haben: das Telefon aufzulegen, wenn Kriminelle versuchen, Menschen unter Druck zu setzen.

„Die Täter sind kommunikativ sehr stark“, sagt Stephanie Pampel. Sie verstehen es, die Angerufenen so unter Druck zu setzen, dass die Geschädigten sehr viel von sich preisgeben. „Wir wollen darüber informieren, dass es keinen Arzt, keinen Bankmitarbeiter, keinen Polizisten, keinen Staatsanwalt gibt, der anruft und am Telefon Geld einfordern würde“, sagt sie. Auch würde nie jemand Kontoverbindungen, eine Pin- oder Tan am Telefon abfragen“, so Pampel weiter. Die Opfer würden durch die Telefonbetrüger derart unter Druck gesetzt, „dass der Verstand aussetzt“, sagt die Dienststellenleiterin für Kriminal- und Seniorenprävention.

Wie perfide die Tricks sein können, hat Petra Köhnen bei der Vorstellung der Kampagne erlebt. „Dabei wurden Telefonate simuliert und dann wird einem erst bewusst, wie intensiv Betroffene unter Druck gesetzt werden.“ Mithilfe von Broschüren und Flyern will die Stadt über die unterschiedlichen Betrugsmaschen informieren. „Auch beim Herbstfest sind wir vertreten“, sagt Köhnen. Sie hat gerade erst weitere sogenannte Notfalldosen nachbestellt. Diese dienen dazu, dass insbesondere ältere und pflegebedürftige Menschen ihre Notfalldaten wie Erkrankungen, erforderliche Medikamente oder andere wichtige Angaben darin hinterlegen und in den Kühlschrank stellen. Während eines möglichen Rettungseinsatzes zu Hause können diese Daten aus der Dose lebensrettend sein. Köhnen hatte nun die Idee, den Deckel der Notfalldose mit dem Aufkleber „Auflegen“ auszustatten. „Da die Dose im Kühlschrank steht und man sie häufig sieht, soll der Aufkleber dazu beitragen, dass man verinnerlicht, bei Betrugsanrufen aufzulegen“, sagt Köhnen.

Denn außer den Hörer aufzulegen, gebe es kaum eine andere Möglichkeit, sich vor den Betrügern zu schützen, so Pampel. „Die Täter agieren oft aus Ländern wie der Türkei oder Marokko. Derer habhaft zu werden, ist kaum möglich.“ Einzige Ausnahme seien in seltenen Fällen die „Keiler“. So werden jene Täter genannt, die als „Abholer“ von Geld oder Wertgegenständen vor Ort fungieren.

Insbesondere Senioren würden von solchen Kriminellen als Opfer von Telefonbetrug ausgewählt, so Pampel. Gezielt würden Täter in Telefonbüchern nach älteren Namen wie Wilhelmine oder Therese suchen, sagt Köhnen. Deshalb sei es Ziel der Kampagne, das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Und Pampel fügt hinzu: „Wir freuen uns auch über jede Art der Unterstützung.“