Korschenbroicher Naturschützer retten Amphibien „Kröten haben ein Imageproblem“
Pesch · Dabei seien sie nicht nur wunderschön, sondern wichtig für die Biodiversität, sagt Nadine Eiben. Während der Wandersaison tragen Helfer die Amphibien an zwei Gefahrenquellen über die Straße. Das ist riskant für Mensch und Tier.
Von Februar bis Mitte/Ende März machen sich Kröten auf den Weg zu ihren Laichgründen, um dort Eier abzulegen. Viele Tiere erreichen ihr Ziel nie: Sie werden von Autoreifen zermalmt oder durch den von Autos erzeugten Druckwechsel zerfetzt. Im Kampf gegen den vielfachen Amphibientod stellen daher Naturschützer Fangzäune auf und tragen Kröten wie auch andere Amphibien von der einen auf die andere Straßenseite. Doch nicht jede Gefahrenstelle kann gesichert werden. Das gilt zum Beispiel für die stark befahrene Liedberger Straße.
Hier sammeln zur Saison der Krötenwanderung Helfer der BUND-Ortsgruppe Korschenbroich Tiere von Hand auf, um sie über die Straße zu tragen. Ein befristetes Tempolimit und Hinweisschilder auf die Krötenwanderung könnten zumindest helfen, meint Nadine Eiben, Sprecherin der Ortsgruppe. „Das wäre sicherer für die Kröten und auch für die Helfer, die in der Dämmerung Ausschau nach den Tieren halten. Vielen Leuten ist vermutlich gar nicht bewusst, was sich auf dieser Straße abspielt.“
Die engagierte Naturschützerin erzählt anschaulich, wie sich die Krötenmännchen im Scheinwerferlicht der Autos oft noch in Pose setzen. Doch die Drohstellung hilft höchstens gegen Fressfeinde. „Kröten haben ein Imageproblem“, sagt die Pescherin. Sie bekennt, selbst erst als Erwachsene die Schönheit der Tiere für sich entdeckt zu haben. Heute schwärmt sie: „Kröten sind doch nicht hässlich, sondern wunderschön. Sie haben bernsteinfarbene Augen, sind filigran und überhaupt nicht glitschig“.
Zugleich betont sie den Stellenwert der Kröte innerhalb der Biodiversität. Das Tier frisst Schädlinge und ist zugleich Teil der natürlichen Nahrungskette von Gewässerökosystemen. „Wenn man einen Eimer voller Kröten über eine Straße trägt, ist das ein schönes Ereignis“, beschreibt Eiben das beglückende Gefühl erfolgreicher Rettungsaktionen. Sie freut sich, wenn Anwohner die Krötenretter informieren oder sich an Rettungen beteiligten. Helfen könnte zudem der regelmäßige Blick in die Kellerschächte des eigenen Wohnhauses. Denn ohne fremde Hilfe können Kröten aus diesen Schächten nicht herausfinden, sodass sie schließlich verhungern oder vertrocknen.
Als Spitzenjahr der Krötenretter bezeichnet Eiben das Jahr 2019. Da wurden allein an der Liedberger Straße 1435 Kröten gerettet. Im vergangenen Jahr waren es nur 300 Tiere, in diesem Jahr bisher 350, die aus dem Waldstück kommend von einem großen Teich hinter den Häusern auf der gegenüberliegenden Straßenseite angelockt werden.
Die Naturschützerin hofft für die kommenden Jahre auf einen neuen Anstieg der Zahlen, denn die Krötenwanderung scheint für dieses Frühjahr bald abgeschlossen zu sein. In den letzten Tagen seien bei Rettungsaktionen nur noch wenige Tiere gezählt worden. Die starken Temperaturschwankungen der zurückliegenden Wochen hätten es ihnen nicht leicht gemacht. Steigende Temperaturen geben das Signal zur Wanderung. „Bei feuchten zehn Grad fühlen Kröten sich gut, doch alles im einstelligen Bereich ist nicht ihr Ding“, sagt Eiben. Temperaturstürze ziehen also kältebedingte Pausen nach sich.
Bei der Krötenrettung könnten auch Ersatzlaichgewässer helfen, sagt Eiben mit Blick auf die Gefahren an der Liedberger Landstraße. Die Tiere wandern zwar zu Gewässern, wo sie sich selbst von der Kaulquappe zur Kröte entwickelten. Doch bei frischen Angeboten seien sie offen für Alternativen.
Erleichtert ist Eiben über die Fertigstellung des Krötentunnels an der L381. Wegen technischer Probleme war der nach jahrelangen Diskussionen endlich begonnene Bau zusätzlich verzögert worden. In diesem Jahr wird er erstmalig genutzt.
An der Myllendonker Straße ließ die Stadt einen Zaun bauen. Hier sammeln städtische Mitarbeiter und BUND-Aktive die Kröten ein, um sie über die Straße zu bringen. Auch hier wünscht sich Eiben eine Geschwindigkeitsbegrenzung während der Krötenwanderung. Das wäre sicherer für die Retter. Die sammeln die Tiere am schmalen Straßenrand auf, während Autos mit 70 Stundenkilometern und mehr vorbeirasen.