Zwei Beispiele aus Korschenbroich Lebensmittelhandwerk im Krisenmodus

Korschenbroich · Nicht nur Supermarkt-Mitarbeiter, auch Bäcker und Metzger sind in Zeiten von Corona besonders gefordert. Zwei Beispiele aus Korschenbroich.

 Udo Erkes bei der Arbeit. In seiner Fleischerei findet der gesamte Verwertungsprozess statt. Vom Schlachten der Tiere über das Verarbeiten des Fleischs bis hin zum Verkauf an der Ladentheke.

Udo Erkes bei der Arbeit. In seiner Fleischerei findet der gesamte Verwertungsprozess statt. Vom Schlachten der Tiere über das Verarbeiten des Fleischs bis hin zum Verkauf an der Ladentheke.

Foto: Fleischerei Erkes

Von der Krise ist in der Fleischerei Erkes auf den ersten Blick nichts zu sehen. Auch am Dienstag, eigentlich ein freier Tag, stehen zwei Köche in der Küche und bereiten Gerichte vor. Keinen seiner insgesamt 18 Mitarbeiter musste Udo Erkes in Kurzarbeit schicken. Im Gegenteil. „In den vergangenen Wochen war für uns fast jeder Tag ein Freitag“, sagt er. Freitag, das stehe in der Fleischerei für großen Andrang. Und doch fühlt sich Erkes ein wenig vergessen. Das liegt an einer Rede von Angela Merkel.

Denn als sich die Bundeskanzlerin Mitte März in einer TV-Ansprache direkt an die Bürger des Landes wandte, blieb sein Handwerk unerwähnt. „Es war nur von Supermärkten die Rede“, sagt er. Nicht von Bäckern oder Metzgern. „Dabei gehen meine Mitarbeiter genauso an ihre Grenzen. Die sind alle platt.“ Während Politiker allerorts in Zeitungen und Fernsehsendungen den Einsatz der Supermarktmitarbeiter lobten, blieben sie im Schatten zurück. So zumindest kam es Erkes vor.

Umso mehr freut ihn die Treue der Kunden und ihre Geduld. Vor Ostern bildeten sich teils lange Schlangen vor dem Eingang der Fleischerei. Der Umsatz im Direktverkauf sei laut Erkes sogar gestiegen. So ließen sich die Einbußen beim Partyservice ausgleichen. Die Kunden können die Produkte und jeweils angebotenen Mittagsgerichte per Mail oder Fax vorbestellen. Zudem klingelt – auch während des Gesprächs mit unserer Redaktion – beinahe pausenlos das Telefon. „So geht das den ganzen Tag“, sagt Birgit Erkes, die gemeinsam mit ihrem Mann die Glehner Fleischerei führt.

Zehn Autominuten entfernt, im Korschenbroicher Ortszentrum, steht am Mittwochmorgen Nicole Rettler hinter der Theke der Bäckerei Otten. Viel ist gerade nicht los. Einzeln betreten die Kunden das kleine Geschäft. Dennoch warten neben Rettler noch zwei weitere Mitarbeiterinnen auf Bestellungen.

 Das Ehepaar Birgit und Udo Erkes leitet die Fleischerei gemeinsam.

Das Ehepaar Birgit und Udo Erkes leitet die Fleischerei gemeinsam.

Foto: Fleischerei Erkes

„Wir haben uns schon früh für besondere Hygienemaßnahmen entschieden“, sagt Rettler. Als durch die Corona-Schutzverordnung Gasträume schließen musste, war das integrierte Café bereits abgesperrt. Auch, dass die Frauen hinter der Theke an diesem Morgen zu dritt sind, hat mit Schutzmaßnahmen zu tun. Die Bedienabläufe werden so strikt getrennt. Eine ist für die Ware, eine für das Kassieren verantwortlich. „Wir haben weniger Umsatz und dafür mehr Personalaufwand“, sagt Rettler.

Ähnlich wie Erkes leidet auch Rettler daraunter, dass der Partyservice komplett zum Erliegen gekommen ist. Anders als Erkes glaubt sie die Verluste nicht wirklich kompensieren zu können. Die aktuellen Zahlen lägen ihr noch nicht vor, sagt Rettler. „Vom Gefühl her kommt aber schon weniger Geld rein.“

 Nicole Rettler in der Bäckerei Otten in Korschenbroich.

Nicole Rettler in der Bäckerei Otten in Korschenbroich.

Foto: Horst Thoren

Mangelnde Wertschätzung habe sie in der Corona-Krise nicht gespürt, betont Rettler. Im Gegenteil. „Die Kunden machen uns Geschenke, ich höre viel häufiger einfach ein ‚Danke’“, sagt sie. Auch die Politik setze sich für ihre Belange ein. Zuletzt sei ihr erst ein Facebook-Post eines Politikers aufgefallen, der gerade Metzgern und Bäckern gewidmet gewesen sei. „Ich glaube, die Menschen wissen unser Handwerk gerade jetzt sogar etwas mehr zu schätzen“, sagt sie.

Erkes hofft, dass hiervon auch eine Signalwirkung für seine Sparte ausgehen könnte. „Während woanders Existenzen gefährdert sind, haben wir weiterhin viel zu tun“, sagt er. Diese Krisensicherheit könne Lehrlinge für den Beruf begeistert, glaubt Erkes, der selbst Lehrlingswart der Fleischer-Innung Niederrhein ist. Ganz so optimistisch ist Rettler für das Bäckerhandwerk nicht. „Ich bin unsicher, ob das für viele Menschen gerade so erstrebenswert ist“, sagt die. „Im Homeoffice ist man derzeit schon besser aufgehoben.“ Aber immerhin, auch ohne schnelle Lockerungen sind Rettler und Erkes davon überzeugt, die Corona-Krise zu überstehen. „Wir können noch einige Zeit so weiter machen wie bisher“, sagt Rettler. Frische Brötchen und frisches Fleisch wird es weiterhin geben.

Info Lokale Hilfsangebote finden Sie unter www.rp-gemeinsamstark.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort