Interview mit Dirk Kartarius „Der Negativtrend ist abgewendet“

Korschenbroich · Der Stadtsportverband-Vorsitzende über die Sanierung der Sportanlagen, die Herausforderungen für die Vereine und die Ziele 2019.

 Dirk Kartarius, Vorsitzender des Stadtsportverbandes Korschenbroich, in der Dreifachhalle in Kleinenbroich.

Dirk Kartarius, Vorsitzender des Stadtsportverbandes Korschenbroich, in der Dreifachhalle in Kleinenbroich.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Herr Kartarius, nach Ihrer Wahl zum Vorsitzenden des Stadtsportverbandes im Frühjahr 2013 sagten Sie, die „Sportstadt Korschenbroich“ dürfe sich nicht nur über den Handball und den City-Lauf definieren. Wo steht diesbezüglich der Sport in der Stadt heute?

Kartarius Sportlich steht die Stadt recht gut da, auch wenn der TVK derzeit nicht in der Zweiten Bundesliga spielt. Die Vereine sind gut aufgestellt, rund ein Drittel der Bevölkerung in Korschenbroich ist im Sport aktiv, da liegen wir auf einem sehr hohen Level. Von daher sieht es gar nicht so schlecht aus. Und die Probleme der Vergangenheit, was die Sportstätten betrifft, vor allem die Außenanlagen, haben sich ja glücklicherweise durch die Sanierung der Anlagen in Korschenbroich und Kleinenbroich deutlich verringert.

Schon im vergangenen Jahr gab es auch die positive Entwicklung, dass die Mitgliederzahlen wieder gestiegen sind. Ist das bereits eine Trendwende zum Positiven?

Kartarius Der Negativtrend ist zunächst mal abgewendet. Wir sind zwischenzeitlich ja schon gewaltig abgestürzt, hatten schon einmal viel, viel mehr Sportler. Aber das ist einfach der heutigen Zeit geschuldet. Das Angebot der gewerblichen Vereine, die Fitnessstudios sowie die generellen Freizeitmöglichkeiten machen es den Vereinen schwer, Mitglieder zu werben. Wenn wir den Zustand der Sportstätten vor einigen Jahren dazu nehmen, macht das die Sache auch nicht gerade leichter. Was ein Hauptproblem war und immer noch ist, ist die Überalterung der Vorstände. Viele Vereine haben Vorstände, die gerne ihre Posten an jüngere Leute abtreten würden, aber es ist keiner da, der es macht. Da, wo die Verjüngung gelingt, sieht man auch mehr jüngere Sportler.

Fehlen gerade den Vereinen, die keine Nachfolger für Vorstandsarbeit finden, grundsätzlich die Lösungen, wie neue Mitglieder geworben werden können?

Kartarius Wenn man keinen eigenen Internetauftritt hat und überhaupt nicht im Bereich Social Media aktiv ist, wird es natürlich schwieriger, von Interessierten gefunden zu werden. Natürlich gibt es auch ältere Vorstandsmitglieder, die den Trend der Zeit erkannt haben. Aber es ist kein Geheimnis, dass sich viele schwerer tun. Kommunikation läuft heute eben anders ab, viel schneller und direkter. Da ist es für einen Vereinsvertreter nicht immer einfach zu erkennen, was die Basis möchte.

Haben sich die Wünsche der Mitglieder stark verändert?

Kartarius  Es sind einfach andere Zeiten. Vielleicht muss man sich viel stärker von althergebrachten Gewohnheiten verabschieden. Mein Lieblingsbeispiel ist immer die Vereinsgaststätte, in der die Alten an der Theke stehen und maulen, dass die Jungen heute nicht mehr im Verein feiern. Das ist auch so, aber warum? Weil sie mit dem Auto noch fünf Kilometer fahren müssen, sie bis 19 Uhr gearbeitet haben und zu Hause die Familie wartet. Kinder im Alter von zwölf Jahren stehen auch nicht zwingend auf Nikolausfeiern. Wenn man das berücksichtigt, kann man vielleicht auch das richtige Angebot machen.

Überwiegt in Korschenbroich in der Breite mittlerweile auch der Fußball oder gibt es noch eine gute Mischung?

Kartarius Ich denke schon, dass das Angebot breit genug ist für Korschenbroich. Vom Fußball angefangen über Handball und Leichtathletik bis zum Angel- und Schießsport gibt es schon eine breite Palette. Dass wir nicht alles abdecken können, ist auch klar. Aber es gibt auch etwas für Sportler jeder  Generation – vom Babyschwimmen bis zu den Herren 70 im Tennis.

Den Faktor Sportstätten haben Sie schon angesprochen, da hat sich in Korschenbroich viel getan. War 2018 diesbezüglich das wichtigste Jahr?

Kartarius Im Ergebnis ja, optisch waren das Waldstadion und der Kunstrasenplatz in Kleinenbroich die Highlights. Doch von der Entwicklung her war der Zeitpunkt entscheidend, in dem auch Politik und Stadtverwaltung erkannt haben, dass man etwas tun muss und sich nicht immer auf die Position zurückziehen kann: Wir haben kein Geld. Die Vereine haben schon lange davor darauf gedrängt, dass etwas passiert, aber es schien so, als ob man sich nicht mit letzter Konsequenz darum gekümmert hat. Vor drei, vier Jahren hat dann ein Umdenken stattgefunden. Und dann hatten wir mit den Förderprogrammen auch das nötige Quäntchen Glück.

Sie haben sich selbst sehr dafür eingesetzt, dass die Stadt Gelder aus den Förderprogrammen erhält.

Kartarius Um die Gelder hat schon die Stadtverwaltung gekämpft. Aber das Bewusstsein zu schaffen, dass man sich auch tatsächlich bewirbt, das war die größere Arbeit. Und sicherlich hat der Austausch mit der Politik und der Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren zugenommen, das stand früher nicht so sehr im Fokus des Stadtsportverbandes.  Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass der SSV eine politische Institution ist. Darüber hinaus waren bei den Projekten aber auch die Vereine wichtige Ansprechpartner. Sie sind schließlich diejenigen, die am besten vermitteln können, was sie benötigen.

War es demnach ein positiver Nebeneffekt, dass ein stärkeres Wir-Gefühl unter den Vereinen entstanden ist?

Kartarius Insbesondere die Fußball-Vereine sind schon enger zusammengerückt. Unvergessen ist das Zitat des Vereinsvorsitzenden Uli Stumpen bei der Eröffnung des Kunstrasenplatzes in Kleinenbroich, als er sagte: Lieber Bürgermeister, liebe Stadtverwaltung, vergesst mir die Liedberger nicht, deren Platz muss auch saniert werden. Solche Aussagen hätte es ein paar Jahre zuvor wahrscheinlich noch nicht gegeben.

Steht die Sanierung des Platzes in Liedberg für den SSV nun ganz oben auf der Agenda?

Kartarius Noch steht das Projekt ein wenig in der Schwebe. Der Torraum ist probeweise saniert worden, damit sich die Stadtverwaltung davon überzeugen kann, dass es tatsächlich funktioniert. Ich habe da keine Zweifel. Ich bin selber nach stärkerem Regen über den Platz gelaufen, und er ist nicht mehr so matschig wie früher. Von daher gehe ich davon aus, dass diese Lösung kommt. Wenn nicht, wird die Flutlichtanlage auf dem zweiten Platz gebaut. Für Liedberg gibt es also so oder so eine Lösung.

Was steht noch an für das Jahr 2019?

Kartarius Es geht weiter mit Förderprogrammen, beispielsweise „Sportplatz Kommune“. Und da sind wir wieder aufgefordert, uns mit den Vereinen und der Stadtverwaltung zu überlegen, wie wir davon profitieren können. Über das Bundesförderprogramm wollen wir unsere Schwimmbad-Außenfläche erneuern und Kleinspielfelder in drei Ortsteilen errichten. Und dann warten wir sehnsüchtig auf den Startschuss des Landesförderprogramms, bei dem direkt die Sportvereine das Geld bekommen. Da müssen wir für die Stadt das Beste rausholen und die Gelder möglichst für mehrere Projekte nutzen. Der eine oder andere Verein steht da schon in den Startlöchern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort