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Deutsch-britisches Gemeinschaftsprojekt Wie die Corona-Krise Sprache verändert

Korschenbroich · Die Steinhausenerin Birgit Kasimirski und die Britin Rebecca Deacon betrachten die Entwicklung im zweisprachigen Dialog. Sie beobachten in den jeweiligen Reaktionen auf die Pandemie Mentalitätsunterschiede.

 Birgit Kasimirski hat das Buch „Englische Grammatik“ verfasst. Sie interessiert sich für England, die Menschen und die Sprache.

Birgit Kasimirski hat das Buch „Englische Grammatik“ verfasst. Sie interessiert sich für England, die Menschen und die Sprache.

Foto: Berns, Lothar (lber)

Wer oder was ist ein „Coronial“? Unter vier Wahlmöglichkeiten in Rebecca Deacons Corona-English-Test lautet die richtige Antwort: ein während des Lockdowns gezeugtes Baby. Antwort d – „ein Coronial ist jemand, der während der Arbeit im Home-Office einen neuen Job anfängt“ – wäre gleich mehrfach abwegig. Denn das momentan allgegenwärtige „Home-Office“ müsste sachlich richtig als „Innenministerium“ übersetzt werden. Für Engländer gilt: „They rather work from home“.

An diesem Verständnis dürfte im Vereinigten Königreich auch die Corona-Pandemie nichts ändern. Doch ansonsten treibt die aktuelle Situation dies- und jenseits des Kanals verbale Blüten – und das auf sehr unterschiedliche Weise. „Corona hat uns vor Augen geführt, wie schnell sich Dinge radikal ändern. Anders als die Schließungen von Schulen und Landesgrenzen von einem Tag auf den anderen, bemerken wir aber eher verzögert, wie sehr sich auch unsere Sprache in den letzten Monaten verändert oder eher – an die Umstände – angepasst hat“, sagt Birgit Kasimirski.

Die Steinhausenerin ist Englischtrainerin, Übersetzerin und Journalistin mit besonderem Interesse an Mentalitätsunterschieden, die sich in sprachlichen Besonderheiten spiegeln. Eher zufällig stieß sie im Internet auf einen Blog der Britin Rebecca Deacon, fand Gefallen daran und nahm Kontakt auf. Deacon, ebenfalls Sprachtrainerin und Übersetzerin, lebt seit 20 Jahren in Deutschland, aktuell in Frankfurt. Vor der Corona-Krise kannte sie das Wort „Auflagen“ ausschließlich in Verbindung mit Gartenmöbeln, aber nicht in der Bedeutung von Richtlinien. „Ich fand das interessant, dachte ich doch noch zuvor, von der Sprache umgeben, müsste ich alle nötigen Wörter automatisch aufnehmen“, sagt Deacon. Rückblickend weiß sie nicht, ob sie die Doppelbedeutung zuvor nicht wahrnahm oder ignorierte.

Beacons persönliche Entdeckung gab für beide Frauen den Impuls dafür, über Skype aktuelle sprachliche Veränderungen im Dialog aus britischer und deutscher Sicht zu beleuchten. Dabei fielen ihnen im verbalen Umgang mit der Corona-Krise viele Unterschiede auf. Die Briten verstehen sehr wohl den Ernst der Lage, reagieren aber auch dabei mit Humor, um mit der schwierigen Situation besser umgehen zu können, betont Deacon. Sie verweist auf Neuschöpfungen, wie die Vokabel „covidiot“ für eine Person, die sich nicht an aktuelle Richtlinien hält.

Bezeichnend sei ebenso der Hang zum Rhyming Slang, der reimenden Umgangssprache, wie auch zu neuartigen Wortkombinationen. So gehen „quarantine“ und „martini“ in die Neuschöpfung „Quarantini“ ein. In der deutschen Sprache fand Kasimirski kaum neue Wörter, sondern fast nur zusätzliche Anglizismen, wie „Lockdown“, „Social Distancing“ und „Houseparty“ sowie einen Hang zur Substantivierung. Wörter, wie „Ausgangsbeschränkungen“ und „Abstandsregelungen“, ließen einen Sachverhalt automatisch seriöser erscheinen als Verben, betont das Duo. Auffällig sei ebenso die Häufung zusammengesetzter Substantive, die in verbale Bandwürmer wie „Öffnungsdiskussionsorgien“ und „Abstandsvorschriftenverweigerung“ münden. Eine Publikation ist angedacht, die Modalitäten noch nicht geklärt. Kasimirski und Deacon veröffentlichen ihren Dialog im Internet.

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