Korschenbroich: Straße im Porträt Bewegte Geschichte der Regentenstraße

Korschenbroich · Die Vikarie ist älter als der Kuhlenhof. Vor knapp 40 Jahren kämpften Bürger leidenschaftlich um das Krankenhaus. Heute bietet dort die Niederrhein-Klinik Rehabilitation für orthopädische und onkologische Krankheitsbilder an.

 Paul und Peri Mechelinck betreiben an der Regentenstraße eine Praxis, im Hintergrund eines der beiden Wegekreuze.

Paul und Peri Mechelinck betreiben an der Regentenstraße eine Praxis, im Hintergrund eines der beiden Wegekreuze.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Ein Erker und ein Giebel mit schlichtem Zierrat schmücken das 1902 erbaute Alte Rathaus in der Regentenstraße. Dort hatte zur Zeit der Amtsgemeinde Korschenbroich der Amtsdirektor seinen Sitz. Heute sind im Haus Standesamt und Sozialamt untergebracht. Doch postalisch ist das Gebäude immer noch die Nummer Eins. In der Regentenstraße treffen mit der ehemaligen Vikarie und der Reha-Klinik Historie und Moderne augenfällig aufeinander.

Manches ist auf immer verschwunden, wie der 1956 abgerissene Kirsmichhof, an den die Querstraße „Am Kirsmichhof“ erinnert. Anstelle der einstigen Hofanlage wurde das Seniorenheim errichtet. In dessen Grünanlage wird bei gutem Wetter auf Pfingstmontag die Eucharistiefeier zelebriert.

Verschwunden ist auch das alte Elisabeth-Krankenhaus, um das die Korschenbroicher vor knapp 40 Jahren so leidenschaftlich gekämpft hatten. Am 1. April 1979 demonstrierten 1250 Bürger im Hallensportzentrum für den Erhalt. Davon berichtet das 1985 von der Stadt herausgegebene Heft „Zehn Jahre Korschenbroich. Informationen aus zwei Legislaturperioden 1975 bis 1984“ in einem der vom damaligen Stadtdirektor Willi Esser und Oberverwaltungsrat Franz Dommers zusammengestellten Texte. Da heißt es, die Bemühungen der Bevölkerung und Gemeinde seien nicht ohne Erfolg gewesen. Entgegen der ursprünglichen Absicht des Ministers für Arbeit und Soziales sei das St. Elisabeth-Krankenhauses doch noch in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen worden.

Der Erhalt des Krankenhaues schien so wenigstens für einen überschaubaren Zeitraum gesichert. 1986 aber wurde das Haus geschlossen und zunächst als Rettungswache, Seniorenheim und Notunterkunft genutzt. 1995 wurde es abgerissen. 1996 erfolgte der erste Spatenstich für die ein Jahr später eröffnete Niederrheinklinik. Sie bietet wohnortnah Rehabilitation für orthopädische und onkologische Krankheitsbilder.

Ein Zeugnis alter Zeit ist die Vikarie, die laut städtischer Aufzeichnung vermutlich älter ist als der auf 1566 datierte Kuhlenhof in der Mühlenstraße. In der Nachbarschaft der Vikarie befindet sich die 1862 gebaute Alte Kaplanei, die heute zur Hälfe von der Praxis für Physiotherapie Mechelinck genutzt wird.

„Der Blick von unserem Haus auf das Alte Rathaus gegenüber und den alten Bauernhof nebenan ist ein Traum. So etwas ist einzigartig. Auch geschäftlich ist das hier eine Top-Lage“, schwärmt Peri Mechelinck, die mit ihrem Mann Paul an der Regententraße eine Praxis für Physiotherapie und Gesundheitstraining betreibt. Gottfried Kempen, ehrenamtlicher Hilfsküster und Archivar der Kirche St. Andreas, erzählt zur Kaplanei: „Früher haben hier die Kapläne gewohnt. Da Pfarrer Doerges im alten Pfarrhaus wohnte, hat auch Pfarrer Müller hier anfangs gewohnt, bis das neue Pfarrhaus gebaut war“. Müller kehrte mit Eintritt in den Ruhestand zurück in das Haus und lebte dort bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr. Von der Kaplanei aus hatte er einen kurzen Weg in die Kapelle des Altenheimes, wo er noch über Jahre die Messe las.

Nahe der Kaplanei steht ein steinerner Wegestock, ein weiterer befindet sich gegenüber der Klinik. Beide beherbergen jeweils das Bild einer Kreuzwegstation. Gottfried Kempen weiß, dass die Wegestöcke als Teile eines Feldkreuzweges im Zuge der Ortsumgestaltung versetzt worden waren. Dabei fanden zwei davon eine Bleibe in der Regentenstraße.

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