Ausstellung im Kulturbahnhof Korschenbroich Als noch Rechenschieber für präzise Mathematik sorgten
Korschenbroich · Im Kulturbahnhof stellt Andreas Faßbender historische Rechenschieber aus. Wie der Maschinenbauingenieur zu der Sammelleidenschaft kam und was die Faszination der Geräte ausmacht.
Schon oft hat Andreas Faßbender Bekannte vom Rechenschieber erzählen hören, der zwar zuhause rumläge, aber mit dem sie nicht umzugehen wüssten. „Das ist der Zeit geschuldet“, sagt der Sammler. Der Maschinenbauingenieur ist fasziniert vom Präzisionsgerät, das mehr als 350 Jahre lang wesentliches Hilfsmittel für Berechnungen war.
Im Kulturbahnhof zeigt Faßbender nun eine Auswahl der persönlichen Sammlung. Der Schwerpunkt liegt auf Produkten aus dem Hause Albert Nestler, einem der drei großen deutschen Hersteller von Rechenschiebern. Die ältesten Stücke datieren von der Wende ins 20. Jahrhundert, die jüngsten aus den 1970er Jahren. „Dann war die Zeit der Rechenschieber vorbei, weil die Taschenrechner kamen. 1976 stellte Faber-Castell die Produktion von Rechenschiebern ein, 1978 Aristo und Nestler“, erklärt er.
Der Willicher Sammler hat für die Ausstellung ein Informationsheft zusammengestellt, das Einblick in die Entwicklung von Systemen, Anwendung und Sonderformen gibt. Die Bandbreite reicht vom kleinen Taschenrechenschieber bis zu großen Dokumentationsobjekten, wie sie an Schulen oder – in komplexerer Ausführung – an Hochschulen für Ingenieure üblich waren. Zu sehen sind Rechenschieber, die rein mathematisch zu nutzen sind, aber auch Sonderformen mit spezialisierten Skalen für verschiedenste Berufsgruppen, wie Elektrotechniker und Chemiker.
„Damit haben sich die Berufsstände das Leben leichter gemacht. Die industrielle Revolution war nur möglich durch den Rechenschieber“, erklärt Faßbender. Die Auswahl gibt auch Einblick in verarbeitete Werkstoffe, wie Papier, Holz oder Bambus mit und ohne Zelluloid-Auflagen. „Es wurde auch Elfenbein verwendet“, so der Sammler. Als Beispiel für die Wertschätzung des Präzisionsgerätes zeigt er eine längliche, blau ausgeschlagene Schatulle aus Nussbaumholz für die Aufbewahrung.
Eine Augenweide ist ebenso der einst für Werbezwecke bestimmte Schaukasten aus poliertem Holz. Für Besucher liegt ein gängiges Exemplar in handlicher Größe bereit für den Umgang mit Stabkörper, Zunge und Läufer des Rechenstabes.
Zu den Höhepunkten zählt die Rechenwalze von circa 1938. „Für den Rechenschieber gilt das Prinzip ‚Je länger, desto präziser‘. Um ein mit der Walze ermitteltes Ergebnis vergleichbar zu erhalten, wäre ein Rechenschieber von 12,5 Metern nötig“, erklärt Faßbender. Der 57-Jährige entdeckte seine Leidenschaft über eine alte Anleitung des Vaters, der für die Marine arbeitete. Die Recherche auf der Suche nach einem Herstellungsdatum motivierte ihn während der Pandemie für die Sammelleidenschaft, so der Sohn.
Ausstellung Bis 2. April sonntags im Kulturbahnhof von 14 bis 17 Uhr. Führungen: 12. Februar und 12. März ab 15 Uhr.