Gymnasium Korschenbroich Wenn der Klassenraum zum Tatort wird

Korschenbroich · Am Gymnasium Korschenbroich gibt es seit sechs Jahren das Projekt „Dem Täter auf der Spur“. Schüler lösen dabei einen fiktiven Kriminalfall.

 Lena-Mai Murakami (l.) begutachtet mit Nadine Hendricks Proben vom Tatort. Murakami hat selbst als Schülerin an dem Projekt teilgenommen. Hendricks ist eine der betreuenden Lehrerinnen.

Lena-Mai Murakami (l.) begutachtet mit Nadine Hendricks Proben vom Tatort. Murakami hat selbst als Schülerin an dem Projekt teilgenommen. Hendricks ist eine der betreuenden Lehrerinnen.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Einmal im Jahr geschieht am Gymnasium Korschenbroich ein Mord. Eigentlich geschehen sogar vier identische Morde. Die Klassenräume werden dann zum Zoo, zum Gartencenter oder zum Jugendzentrum. Der Biologieraum zum Kriminaltechnischen Institut. Und die Schüler lösen Fälle, die sich ihre Lehrerinnen für sie ausgedacht haben.

Die Lehrerinnen, das sind in diesem Fall Bernadette Heyer, Nadine Hendricks und Anke Menzel. „Ich war vorher am Werner-Jaeger-Gymnasium in Nettetal“, sagt Heyer, die für das Projekt verantwortlich ist. Dort gab es bereits eine ähnliche Idee. Als Heyer nach Korschenbroich wechselte, erzählte sie einem neuen Kollegen von dem Krimi-Projekt. Seit 2014 sind die Schüler nun auch hier „Dem Täter auf der Spur“.

Immer rund um die Sommerferien werden die Neuntklässler des Gymansiums seitdem zu Ermittlern, zu Journalisten, zur Spurensicherung. Das Projekt ist interdisziplinär angelegt, zwischen den Fächern Deutsch, Biologie, Kunst und Informatik. Heyer als Deutsch-Lehrerin schreibt ausführliche Fallbeschreibungen und entwirft zudem Rollenprofile für die Zehntklässler, die als Zeugen und Täter auftreten. Menzel ist als Biologie-Lehrerin dafür zuständig Spuren zu sichern und zu untersuchen, den Täter so zu überführen. Hendricks bringt sich als Deutsch- und Biologie-Lehrerin in beide Teilbereiche ein.

Eine Woche dauert das Projekt. Die Schüler lösen jeweils als Klasse den Fall. Teilen sich untereinander entsprechend ihrer Interessen in Gruppen auf. Am Montag gibt es eine Einführung, bis Mittwoch müssen die Schüler den Fall gelöst haben. Notfalls mit ein wenig Hilfe der Lehrerinnen. „Je besser die Teilnehmer miteinander sprechen, umso schneller kommen sie zum Ziel“, sagt Menzel.

Über die Ergebnisse berichten am Ende von den Schülern entworfene Zeitungen. Und ein kleines Theaterstück. „Die Genres werden zwischen den Klassen ausgelost“, sagt Heyer. Zum Abschluss präsentieren die Neuntklässler dann nacheinander ihr Ermittlungsergebnis. Mal als Western, mal als klassische Ballade.

Lena-Mai Murakami war zwei Mal dabei. Als Ermittlerin und ein Jahr später als Zeugin. „Ich fand das spannend, den Fall im Klassenverband zu lösen“, sagt sie zu ihrer Rolle als Ermittlerin. Mehr Spaß habe es ihr dennoch gemacht, in der Rolle als Fiona Sander selbst Teil eines Falls zu werden. Eineinhalb Jahre ist das her. In der damaligen Projektwoche ging es um den Mord an Claas van Beek, einen Sozialarbeiter, der sich im Jugendzentrum Vila K. um die Teilnehmer einer Ferienfreizeit kümmerte. Fionas beste Freundin war unsterblich in Claas verliebt. Fionas Freund eifersüchtig, weil er Claas Gefühle für Fiona unterstellte. Nun war Claas tot.

Mindestens acht Schüler sind als Täter, Zeugen und Opfer an jedem Krimiprojekt beteiligt. Für jeden von ihnen entwerfen die Lehrerinnen ein Rollenprofil. Drei kleingedruckte Seiten hat Heyer damals für Murakami geschrieben. Gespickt mit kleineren geographischen Exkursen (Heyer unterrichtet auch Erdkunde) sowie Infos zum Tattag und wie Fiona diesen erlebt hat. Dazu wissen alle Beteiligten, ob sie der Täter sind oder nicht. Auf ihrer Zetteln steht groß „Du bist unschuldig“ oder „Du bist schuldig“. Fiona ist unschuldig.

Das alles bereiten die Lehrerinnen minutiös vor. Die Beziehungen der Zeugen untereinander werden so entworfen, dass es ganz viele mögliche Tatmotive gibt. Ein Szenario wird entwickelt. Der Tatort mit vielen verschiedenen Spuren ausgestattet. Fuß- und Fingerabdrücke, Kunstblut sogar Tierhaare kamen schon zum Einsatz. Vieles besprechen die Beteiligten in einer Whats-App-Gruppe. Einige Monate vor dem Projekt treffen sie sich zur Vorbesprechung. „Es ist immer unglaublich anstrengend, aber auch wirklich schön“, sagt Hendricks. Und so wird es auch dieses Jahr weitergehen. Im Sommer lösen sie am Gymnasium den nächsten Mordfall.

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