Korschenbroich Ein Landrat mit viel Herzenswärme

Korschenbroich · Matthias Hoeren, der Gründervater der Kreise Grevenbroich und Neuss, wäre heute 100 Jahre alt geworden.

Kaum einer hat die Nachkriegsgeschichte Korschenbroichs und des Kreises so geprägt wie Matthias Hoeren. Der starke Bürgermeister und gestaltende Landrat, der gläubige Christ und überzeugte Christdemokrat, der bodenständige Landwirt und feierfreudige Schützenbruder wäre heute 100 Jahre alt geworden. Der kleine fränkische Hof in der Korschenbroicher Honschaft Raderbroich war seine Heimat, die Matthias-Kapelle nebenan hätte nach ihm benannt sein können, so verwurzelt war er dort - am Rande des Bruchwaldes.

Es soll bitterkalt gewesen, als der kleine Matthias im Januar 1916 geboren wurde. Als Erwachsener erzählte er immer gern, dass sein Geburtsdatum umstritten war, weil die Eintragung beim Amt erst später erfolgte. Der alte Knecht habe immer behauptet, Matthias Hoeren wäre schon am 6. Januar zur Welt gekommen. Wie auch immer: Vor 100 Jahren begann der Lebensweg einer der großen Politikerpersönlichkeiten des Niederrheins.

Hoeren war in all seinen Ämtern - und er hatte viele - erfolgreich, weil er zuhören konnte. Bevor noch der Begriff des politischen Moderators erfunden wurde, lebte er das Versöhnende bereits. Er hatte seine eigene, eine klare Meinung zu den Fragen der Zeit, akzeptierte aber auch andere Sichtweisen und konnte deshalb zusammenführen, was zerstritten war. Einer seiner Lieblingssprüche, wenn unterschiedliche Standpunkte aufeinanderprallten, ist legendär: Jeder von euch, so sagte er häufig im breiten Platt, habe ein bisschen recht. Hoeren überzeugte - im Rat, im Kreistag, in der Kirche - aber auch an der Theke: "Prost zusammen, lassen wir uns wieder vertragen!" So wurde Politik gemacht über Parteigrenzen hinweg. Nach der Sitzung "tagten" die ehrenamtlichen Politiker weiter - in den Gaststätten, deren Sälchen auch Austragungsort der Debatten des Rates waren. So war Hoeren der typische Vertreter des ehrenamtlichen Politikers, der selbst keine Verwaltungsmacht hatte, aber Mehrheiten bildete und damit Kommunalpolitik gestaltete. In Korschenbroich als Bürgermeister (1951 bis 1975), im Kreis als Landrat (1961 bis 1989). Die Verwaltung führte damals der Oberkreisdirektor, der den Landrat als Sprachrohr der Bürger sah und um seinen politischen Einfluss wusste. Hoeren lebte sein Ehrenamt, ließ eher die heimischen Felder ruhen, bevor er nur einen Termin versäumte.

Wenn man nach Hoerens Verdienste um Gemeinde und Kreis fragt, geht es nicht um imposante Bauvorhaben, wenn auch in seiner Zeit viele Straßen und wichtige Zweckbauten entstanden. Sein Verdienst ist das Verbindliche, das Verbindende, das gerade während der kommunalen Neugliederung gebraucht wurde, um selbst die zwangsvereinigten Neusser mit dem Kreis zu versöhnen. Das gelang ihm, weil er klug war, mit Herzensbildung ausgestattet. Er schaute dem Volk aufs Maul, schaute und flößte den hohen Herren Respekt ein. Als der Landrat 1989 nach 28 Jahren im Amt und nahezu fünf Jahrzehnten in der Kommunalpolitik (seit 1948!) abtrat, war das Bedauern groß. Hoeren blieb ein gesuchter Gesprächspartner, ein gefragter Ratgeber. Seine Tür in Raderbroich stand bis zuletzt offen. Matthias Hoeren starb am 4. März 1997. An ihn erinnert der "eiserne Matthes", den Künstler und hauptamtlicher Landrat Dieter Patt für den Matthias-Hoeren-Platz in Korschenbroich schuf. An ihn erinnert zu Unges Pengste das Festtreiben auf dem Platz. Schützen und Bürger prosten ihm zu: "Matthes, auf dein Wohl!"

(NGZ)
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