Korschenbroich Die Unbestechlichen

Korschenbroich · Korschenbroich will alle Mitarbeiter der Stadtverwaltung nach Risikoklassen einstufen – je nachdem, wie anfällig eine Stelle für Bestechlichkeit ist. Die Basis dafür legt ein Konzept mit Regeln gegen Korruption und für Sponsoring.

Fallbeispiel 1: Ein Mitarbeiter des Bauamts bekommt von einer Baufirma bei einer Besprechung einen kleinen Imbiss gereicht: Darf er das annehmen? Ja, wenn es sich um keinen erkennbaren Luxus-Snack handelt und die Ablehnung den Gastgeber brüskieren könnte. „Wenn es sozial adäquat ist“, erläutert Markus Drohen, Korruptionsbeauftragter der Stadt.

Fallbeispiel 2: Eine Kindergärtnerin bekommt von dankbaren Eltern für einen Gefallen ein Buch im Wert von 25 Euro geschenkt. Geht das in Ordnung? Nein, denn Aufmerksamkeiten über 20 Euro gelten für die Mitarbeiter der Stadt Korschenbroich als Bestechung.

Gefahren, Hilfestellungen, Vorschriften und Strafen hat Drohen in einer „Konzeption zur Vermeidung und Bekämpfung von Korruption“ zusammengestellt. Die Politik stimmt darüber im Hauptausschuss am Donnerstag ab.

Bekommt Drohen grünes Licht, wird er das Konzept auf der Stelle umsetzen. Noch im April soll ein Faltblatt für alle Bürger herauskommen. Es soll informieren und sensibilisieren. Drohen macht Mut, Verstöße und Verdachtsmomente bei der Stadt zu melden.

Im Laufe des Jahres wird jede einzelne Stelle in der Stadtverwaltung nach dem Bestechungsrisiko bewertet, dem sie ausgesetzt ist: niedrig, mittel oder hoch. Entsprechend greifen Kontrolle, Schulung, Aufklärung und gegebenenfalls Rotation zwischen Aufgaben oder Stellen.

Das Konzept erscheint mehr als drei Jahre nachdem Markus Drohen seinen Posten als Korruptionsbeauftragter bezogen hat. Die Ratsfraktion der „Aktive“ war längst ungeduldig geworden. „Wir haben in Ausschüssen wieder und wieder auf das Konzept gedrängt, aber ohne Erfolg. Erst als wir im Sommer massiver aufgetreten sind, ging es voran“, berichtet Fraktionschef Manfred Henninger. „Wir hoffen nur, dass bei der Analyse der Stellen der Zeitplan eingehalten wird.“ Dem Konzept will die Aktive zustimmen. Die CDU signalisierte gestern ebenfalls schon ihr Einverständnis.

Die wichtigsten Neuansätze aus Markus Drohens Sicht:

Sponsoring Ein durchgängiges Regelwerk bestand bisher nicht. Die neuen Vorschriften: mehr als 500 Euro: Summe, Name des Sponsors und Verwendung werden veröffentlicht; mehr als 5000 Euro: Politik entscheidet formlos; Sponsoringvertrag über mehr als 25 000 Euro: Politik muss ihn absegnen.

Verhaltenskodex Zeigt Fallstricke auf und wie man widersteht.

Absichern Das Konzept beinhaltet ein Formular für Mitarbeiter, die bei einer Zuwendung unsicher sind. Erlaubt oder Bestechung? Der Vorgesetzte entscheidet und vermerkt sein Urteil in dem Formular.

Rotation Der Gesetzgeber schlägt in gefährdeten Bereichen alle fünf Jahre Stellenwechsel vor. In der kleinen Korschenbroicher Verwaltung gestaltet sich das laut Drohen schwierig. Deshalb empfiehlt er, nur Aufgaben zwischen Mitarbeitern auszutauschen. KOMMENTAR

(RP)
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