Jüchen Die Kasse klingelt nicht auf dem Feld

Jüchen · Das Bild der Bäuerin hat sich stark verändert. Statt Feldarbeit stehen Vermarktung und Verkauf auf dem Plan. Bestes Beispiel dafür ist Margret Essers. Seit über 20 Jahren führt sie in Jüchen einen Bio-Laden auf dem Hof ihres Mannes. Und ist damit Vorbild für eine ganze Generation.

Landwirtschaft im klassischen Sinn ist nicht ihr Ding. Das war für Margret Essers aus Jüchen von vornherein klar. Ein Leben auf dem Feld wollte die gelernte Versicherungskauffrau nicht führen. Und das obwohl sie aus einer Familie stammt, die seit Generationen in der Landwirtschaft gearbeitet hat. "Ich tüte alle sieben Pfingsten mal die Kartoffeln ein. "

So wie Margret Essers haben viele Ehefrauen von Landwirten der klassischen Arbeit auf dem Feld den Rücken gekehrt und Traktor gegen Tresen getauscht. Heute sind sie unternehmerisch tätig. Führen ihren eigenen kleinen Betrieb. Rosa Wunderlich, stellvertretende Kreisvorsitzende der Landfrauenvereinigung, führt dies auch auf die Umstrukturierung in den Betrieben zurück. "Die Landwirte mussten sich dem Wandel der Zeit anpassen und neue Wege beschreiten. Heute übernehmen deshalb die Frauen erfolgreich die Direktvermarktung der höfischen Produkte."

Bio als Erfolgsgeheimnis

Eben so wie auf Haus Neuenhoven bei Familie Essers. Seit über 160 Jahren ist das Anwesen in Familienbesitz. Die Arbeitsteilung ist klar. Der landwirtschaftliche Betrieb wird von Sohn Thomas (30) geführt. Vor vier Jahren übernahm er den 33 Hektar großen Hof von seinem Stiefvater. Mutter Margret ist für den Hofladen zuständig. Unterstützt wird sie dabei von Ehemann Franz-Josef (60). In den 80er Jahren startete das Projekt auf zehn Quadratmetern. Rasch wurde der Verkaufsraum zu klein. In den Folgejahren zogen die Essers immer wieder in größere Räumlichkeiten um. "Unsere Ladenfläche ist mittlerweile auf 150 Quadratmeter angewachsen. Jetzt reicht es auch", sagt die 56-Jährige schmunzelnd.

Vor mehr als 20 Jahren hat Familie Essers "auf Bio umgestellt". Anfangs stieß das Vorhaben auf Skepsis, doch Margret Essers ist Überzeugungstäterin. "Ich stehe voll hinter dem Konzept der ökologischen Landwirtschaft." Deshalb mache es ihr auch so viel Spaß, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, die Kunden an das Konzept Bio heranzuführen.

Inzwischen besteht das Verkaufssortiment aus mehr als 2000 Artikeln. Primär werden natürlich die hofeigenen Produkte verkauft. Dazu zählt primär saisonales Gemüse. "Den Kunden gefällt das, weil sie so sehen, wo ihre Einkäufe herkommen." So ganz hat Margret Essers der Landwirtschaft also nicht den Rücken gekehrt, oder? "Ich bin quasi Landwirtin in der Theorie. Die Praxis überlasse ich anderen." Denn die Kunden wollen schließlich wissen, wie die Produkte angebaut werden, und was gerade den "Bio-Faktor" ausmacht. Wenn Margret Essers einmal keine Auskunft geben kann, fragt sie Sohn Thomas. "Das schöne an einem Familienbetrieb ist, dass wir durch die verschiedenen Bereiche auch voneinander lernen können", sagt er.

Traditionen bewahrt

Überhaupt geht es auf Haus Neuenhoven sehr familiär zu. Jeden Mittag wird gemeinsam gegessen- mit allen Mitarbeitern. "Allerdings in zwei Etappen, sonst kriegen wir nicht alle an einen Tisch". Auch die Kunden werden schonmal zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Ein kleines Stück der guten alten landwirtschaftlichen Tradition hat sich Margret Essers also doch bewahrt. Ans Aufhören denkt sie noch lange nicht. Zum einen sei sie noch nicht im rentenfähigen Alter, und andererseits "ist der Laden mein Baby". "Davon kann ich mich nicht so ohne weiteres trennen".

(RP)
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