Korschenbroich Die alte Wegekapelle in Trietenbroich

Korschenbroich · Venedig, die Insel Reichenau und Trietenbroich – alle haben den Heiligen Markus als Schutzpatron. Doch die Trietenbroicher weihten ihre Wegekapelle nicht ihm, sondern der Mutter Gottes.

 Heinrich Siemons (l.) und Pejo Stefes in der Wegekapelle Am Trietenbroich. Gemeinsam mit Bruno Schnierda kümmern sie sich um das Denkmal.

Heinrich Siemons (l.) und Pejo Stefes in der Wegekapelle Am Trietenbroich. Gemeinsam mit Bruno Schnierda kümmern sie sich um das Denkmal.

Foto: L. Berns

Venedig, die Insel Reichenau und Trietenbroich — alle haben den Heiligen Markus als Schutzpatron. Doch die Trietenbroicher weihten ihre Wegekapelle nicht ihm, sondern der Mutter Gottes.

Unbeirrt thront die Statue des Heiligen Markus über dem Portal der Wegekapelle Am Trietenbroich in Korschenbroich. Der Evangelist wird bei Unwettern angerufen, bei Blitz, Hagel und jähem Tod. Darüber hinaus bitten ihn die Gläubigen um gutes Wetter und eine gute Ernte. Das war wichtig in einer ländlichen Honschaft wie Trietenbroich. Doch die Statue des Schutzpatrons sorgt auch für Verwechslungen: weil die Wegekapelle immer wieder als Markuskapelle bezeichnet wird. "Dabei haben die Bewohner von Trietenbroich die Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes erbaut", betont Heinrich Siemons.

Der Vorsitzende des Kapellenvereins kümmert sich gemeinsam mit Bruno Schnierda und Pejo Stefes um Pflege und Erhalt des historischen Baudenkmals. Dessen Entstehungsgeschichte ist in einer Urkunde aus dem Jahre 1876 dokumentiert: Dort heißt es, dass die Kapelle "der Mutter Gottes, unserer lieben Frau von der immerwährenden Hilfe, gewidmet werden sollte". Vom Heiligen Markus kein Wort. Mehr noch: Über dem Altar hängt eine Kopie des berühmten Gnadenbildes "Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe". "Noch ein Beleg dafür, dass es sich um eine Marienkapelle handelt", so Stefes.

Als die Bewohner Trietenbroichs 1876 beschlossen, eine Kapelle zu errichten, konnten sie den Bau-grund von Peter Matthias Peters und Heinrich Kremer erwerben. Diese wiederum stellten den Verkaufserlös für den Bau der Kapelle zur Verfügung. Auch die übrigen Trietenbroicher zeigten sich großzügig, so dass die Kapelle binnen eines Jahres geplant und fertiggestellt werden konnte. Ihre Nutzung haben sie in obiger Urkunde geregelt und "für immer festgesetzt": Wann die Totenandacht zu halten, die Glocke zu läuten und der Rosenkranz zu beten sei.

Aber das Verhalten der Kirchgänger hat sich im Laufe der Jahrzehnte stark gewandelt. Darauf hat der Kapellenverein reagiert: Er lädt die Gläubigen heute zu Mai-Andachten in die Kapelle ein und richtet am ersten Sonntag im Juli das Kapellenfest aus, das mit einer feierlichen Messe beginnt und mit einem gemütlichen Beisammensein ausklingt. "Dann kommen die Besucher aus ganz Korschenbroich", erzählt Heinrich Siemons. Fast wie früher: Zeitzeugen berichten in der Chronik anlässlich ihrer Hundertjahrfeier, dass die Kapelle vor dem Ersten Weltkrieg eine große Anzie-hungskraft ausgeübt habe: Die Gläubigen seien aus dem Korschenbroicher Dorf, aus Neersbroich, Giesenkirchen und Schelsen zur Andacht geströmt; und zwar so zahlreich, dass sie noch "im be-nachbarten Baumgarten" gestanden hätten. 1985 wurde die einschiffige Backsteinkapelle mit dreiseitiger Apsis zum Denkmal erhoben, vor rund 20 Jahren wurde sie zuletzt renoviert.

An einem Ritual aber, das die Trietenbroicher in der Urkunde von 1876 auch "für immer" festgeschrieben haben, hält der Kapellenverein eisern fest: Jeden Samstag zündet ein Mitglied in der Kapelle eine Kerze an: zu Ehren der Gottesmutter.

(RP)
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