Korschenbroich Der TÜV für Grabsteine

Korschenbroich · Standfest müssen Grabmale sein, verlangt ein Gesetz. Sonst könnten sie auf Friedhofsbesucher kippen. Die Stadt Korschenbroich überprüft derzeit viele Gräber. Andernorts gab es schon Todesfälle bei der Grabpflege.

Es geht ganz schnell. Jörg von Kannen stellt sich hinter einen grauen Grabstein. Dann legt der 80-Kilogramm schwere Friedhofsmitarbeiter die rechte Handfläche an den Marmor und drückt mit seiner ganzen Kraft dagegen. Nur zwei Sekunden lang, wie es das Regelwerk vorschreibt. Nichts ruckelt, der Stein ist bombenfest verankert — also geht von Kannen zum nächsten. Gegen insgesamt rund 1400 Grabmale drückte er gestern auf dem Friedhof Kleinenbroich. Von Kannen prüfte ihre Standfestigkeit. Das muss die Friedhofsverwaltung aus Sicherheitsgründen einmal im Jahr tun, "dafür gibt es gesetzliche Vorgaben", sagt Betriebsleiter Georg Onkelbach. "Denn während der Arbeit im Beet von einem Grabstein erschlagen zu werden, ist immer noch die häufigste Todesursache auf deutschen Friedhöfen."

In Korschenbroich habe es solch einen Todesfall zum Glück noch nie gegeben, sagt Onkelbach. Die Prüfung der rund 7000 Grabmale auf den acht Friedhöfen der Stadt sei "wie der TÜV beim Auto". Nur ein geringer Teil der Steine wackelt in der Regel: "Wenn das im Jahr zehn Stück sind, ist das schon viel", erzählt Jörg von Kannen. Er oder einer seiner Kollegen nehmen den "TÜV" jeweils gemeinsam mit Christiane Pleschka, der zuständigen Sachbearbeiterin der Friedhofsverwaltung ab. Ist ein Stein lose, klebt sie einen roten Aufkleber darauf, mit der Aufschrift: "Achtung, Unfallgefahr! Dieser Grabstein ist nicht standsicher und muss umgehend durch ein zugelassenes Fachunternehmen sachgemäß befestigt werden". "Außerdem schreibe ich die Leute an", sagt sie.

Die Witterung könne den älteren Steinen mit Mörtel-Fundamenten zusetzen und dafür sorgen, dass sie an Standsicherheit verlören, erklärt Georg Onkelbach. Der Mensch ist eine Gefahr für neuere Grabmale, die ähnlich wie Kronen im Mund mittels Edelstahlstiften im Boden verankert sind: Wenn sich die Grabpfleger während der Arbeit an den Steinen abstützen oder daran ruckeln, können sie sich lockern.

Mit der Reparatur und den dabei entstehenden Kosten hat die Friedhofsverwaltung nichts zu tun. Das sei Sache der Grabpfleger, sagt Christiane Pleschka. Wenn sich innerhalb von vier Wochen nach ihrem Brief-Bescheid niemand um den gefährlichen Stein kümmert, entfernt ihn die Verwaltung mit Hilfe von Steinmetzen, die meistens auch für das Aufstellen der Gedenkplatten zuständig sind.

"Bis jetzt hat sich die Sache aber immer schnell geregelt", sagt Jörg von Kannen. Ansonsten habe die Verwaltung nach Ablauf von drei Monaten sogar das Recht, die zwischenzeitlich eingelagerten Grabmale zu entsorgen, ergänzt Georg Onkelbach.

Der Betriebsleiter ist froh, dass in Korschenbroich so wenige Grabmale repariert werden müssen: "Das zeigt, wie zuverlässig die Steinmetze hier arbeiten", meint er.

(RP)
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