Korschenbroich Als der Stollenhof noch Zollstätte war
Korschenbroich · Bis in das Mittelalter lässt sich die Geschichte des Stollenhofs in Engbrück zurückverfolgen. Der Name leitet sich von dem Wort Zoll ab. Seit acht Generationen ist der Hof in Familienhand. Rudi Bommes lebt dort mit Frau und Tochter.
Ein Erbpachtbrief, der aus dem Jahre 1324 stammt und den Besitz des eigenen Hofes regelt - welcher Landwirt nennt schon ein fast 700 Jahre altes, originales Dokument sein Eigen? Rudi Bommes vom Stollenhof in Engbrück kann das: "Seit jeher befindet sich diese historische Urkunde in Familienbesitz", erzählt er. Und das hat ihn neugierig gemacht. Was hatten die Klarissen zu Neuss einst mit dem Stollenhof zu tun? Gab es dort tatsächlich eine Zollstätte? Und was bedeutet der Name Bommes?
Rudi Bommes, der vor 75 Jahren auf dem elterlichen Stollenhof geboren wurde, hat in Archiven geforscht und eine über 75 Seiten starke Familienchronik zusammengetragen. Die sei allerdings nur für seine Angehörigen bestimmt, sagt er. Doch von der mehr als 700-jährigen Geschichte des Hofes, die zudem eng mit der von Pesch und Engbrück verbunden ist, erzählt er gerne: Davon, dass die Geschichte des Stollenhofs bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreicht, als er den Herren von Millendonk als Zollstätte diente; davon, dass die Zollstätte später aufgrund von Streitigkeiten nach Herzbroich verlegt wurde, die Namen aber heute noch an sie erinnern. Denn der Name Stollenhof leite sich von dem Wort Zoll ab, und Bommes von Schlagbaum, berichtet der Hausherr. Und er erzählt davon, dass der Hof im 13. Jahrhundert in den Besitz des Klarissenklosters zu Neuss gelangte und 1324 in Erbpacht an einen Gerhard von Wynmarken überging.
Dieser musste jährlich sechs Malter Roggen als Erbpacht an das Kloster entrichten. Im Falle einer Missernte konnte er auch Hafer liefern - allerdings in der doppelten Menge. Diesen originalen Erbpachtbrief, der das alles festschrieb, besitzt Rudi Bommes heute noch.
Seit acht Generationen ist der Stollenhof in Familienbesitz. Rudi Bommes lebt dort zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter. Das Wohnhaus stammt aus dem Jahre 1862 und ersetzt einen Vorgängerbau von 1732. Zwei Türbalken mit Inschriften zeugen noch davon: "Gelobt sei Jesus Christus. Dieses Haus wurde neu aufgebaut im Juni 1862 von Heinrich Bommes und Sibilla Christina Baums", so heißt es auf einem der Balken. Scheune und Stallungen sind allerdings jüngeren Datums: Nach dem Zweiten Weltkrieg musste der Hof teilweise neu errichtet werden, da Brandbomben die Gebäude in Mitleidenschaft gezogen hatten. Wie so viele, die in einem historischen Gebäude aufgewachsen sind, kann sich auch Rudi Bommes noch gut an seine Kindheit ohne Badezimmer erinnern. Dabei ist ihm insbesondere eines im Gedächtnis geblieben: Das Badewasser, das in die Zinkwanne im Backhaus eingelassen wurde, musste für alle Familienmitglieder reichen. Die stiegen nacheinander in die Wanne, wobei der Vater zuerst an der Reihe war. Und Rudi Bommes? "Ich war das jüngste von acht Geschwistern und kam zuletzt dran", sagt er und lacht.
Noch bis vor wenigen Jahren hielt die Familie Milchkühe und Jungvieh auf dem Stollenhof. Heute betreibt Tochter Andrea eine Pferdepension.