Korschenbroich 300 Jahre alte Schuhe in Mauer entdeckt

Korschenbroich · Nichts erinnert mehr an den Brand von April 2009. Die Gaststätte "Zum Anker" wird aufwendig restauriert. Bereits zu "Unges Pengste" soll der Biergarten öffnen. Bei den Arbeiten wurden im Mauerwerk gut 300 Jahre alte Schuhe entdeckt.

Alte Gemäuer haben für Günter Thoren (56) etwas Besonderes: Sie faszinieren den Schreiner mit einem Herz für Heimatgeschichte und für historische Bauwerke. Und so zögerte der Korschenbroicher nicht lange, sich nach dem Brand am 3. April 2009 als Rettungsanker anzubieten. Er kaufte die rund 500 Jahre alte Brandruine an der Sebastianusstraße 9 für seine Kinder Sebastian (27) und Katharina (30) und bringt derzeit die frühere Traditionskneipe "Zum Anker" im historischen Ortskern wieder auf Vordermann. Bei Mauerarbeiten fielen ihm jetzt alte Schuhe buchstäblich vor die Füße. Thoren, der direkt das Rheinische Amt für Denkmalpflege in Brauweiler eingeschaltet hat, spricht von einem "außergewöhnlichen Fund".

In Abstimmung mit den Denkmalpflegern wurden marode Trennwände und Mauern, die in der jüngsten Vergangenheit gezogen wurden, herausgestemmt. Nachdem über Wochen hinweg Tonne um Tonne Bauschutt aus dem Altbau weggeschafft worden war, wurde ein großer Saal freigelegt. Dabei entdeckte Günter Thoren deutliche Hinweise auf das mögliche Alter des Gebäudes. "Wir haben jetzt den Stand von 1750 hergestellt." Allerdings vermutet er, dass das Haus noch wesentlich älter ist — und mindestens aus dem 16. Jahrhundert stammt.

Der Bauherr zeigt im Kellergewölbe auf römische Mauerquader, die aus Liedberger Sandstein vermauert wurden. Die Feldbrandsteine, mit Sumpfkalk verfugt, sind für den Korschenbroicher Kenner nicht nur ein deutlicher Hinweis auf diese lange Lebensgeschichte des Gemäuers. Thoren schließt aufgrund des Schuhfundes auch auf hochherrschaftliche Bewohner.

Für Günter Thoren ist der Fund Glücks- und Zufall zugleich: Die beiden Schuh-Paare waren professionell in einer Nische verbaut. Als die Handwerker im ersten Stockwerk Ziegel abklopften und den Bauschutt ins Erdgeschoss warfen, rutschten sie — eingehüllt in eine Staubwolke — unbemerkt den Schacht herunter. "Als wir den Schutt entsorgen wollten, waren auf einmal die alten Schuhe da", schwärmt der 56-Jährige. "Sie sind relativ gut erhalten, sind aus Leder und haben eine Länge von 20 Zentimetern. Das deutet auf Kinderschuhe hin."

Für die Bauforscherin Dr. Kristin Dohmen ist das nicht der erste Fund im Korschenbroicher Stadtgebiet. Bereits vor zwei Jahren wurden im Rahmen der Sanierung von Schloss Liedberg im gotischen Turm eingemauerte Kinderschuhe entdeckt. Warum wurden in früheren Zeiten Schuhe eingemauert? Diese Frage kann Kristin Dohmen nur bedingt beantworten: "Das Einmauern von Schuhen war ein Brauch, der über Jahrhunderte gepflegt wurde und dann scheinbar vollends in Vergessenheit geriet. Somit sind die Ursprünge und Hintergründe des Brauchs heute weitgehend unbekannt." Derzeit sind die gefundenen Schuhe aus dem Anker in Brauweiler: "Sie werden von uns professionell gereinigt, fotografiert und katalogisiert." Wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind, gehen sie an den Eigentümer zurück. Wann das sein wird, konnte Kristin Dohmen noch nicht einschätzen. Für Günter Thoren steht aber schon fest: "Ein Paar werde ich den Denkmalpflegern überlassen, das andere Paar wird wieder eingemauert."

Zu tun gibt es auf der Baustelle noch genug, auch wenn der Rohbau abgeschlossen ist. "Jetzt werden wir uns dem Außenbereich zuwenden", so Thoren. Die WC-Anlage und der Biergarten sollen schließlich bis "Unges Pengste" fertig sein. "Dann wird dort das erste Bier fließen", verspricht er. Wann der Anker als Gaststätte öffnet, ist noch offen. Ein Pächter steht aber schon in den Startlöchern: "Der Vertrag wird noch vor Ostern unterschrieben. Dann kann ich mehr sagen."

(RP/ac)
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