Verbindungsstudenten treffen sich in Köln Katholisch, konservativ – keine Burschenschafter

Köln · Im Sommer wird Köln Treffpunkt von Hunderten Verbindungsstudenten aus ganz Deutschland. Der katholische Cartellverband lädt zur jährlichen Versammlung. Die Studenten stehen für konservative Werte - sehen sich aber Vorurteilen über rechte Burschenschaften ausgesetzt.

 Vertreter der Verbindungen beim Festkommers 2017 in Stuttgart.

Vertreter der Verbindungen beim Festkommers 2017 in Stuttgart.

Foto: CV

Etwas befremdlich wirkt die Szenerie ja schon: Hunderte junge Männer mit Säbel und Uniform stehen Seite an Seite, vor sich ein großes Glas Bier, und singen altes deutsches Liedgut. Die Szene stammt von einem Treffen deutscher Studentenverbindungen und bestätigt auf dem ersten Blick, was Außenstehende häufig über Verbindungen denken: saufende, rechte Banden, häufig noch dazu frauenfeindlich.

 CV-Vororts-Präsident Moritz Seubert.

CV-Vororts-Präsident Moritz Seubert.

Foto: CV

Moritz Seubert kennt die Vorwürfe nur zu gut. Der 23-Jährige ist Politikstudent an der Uni Köln. Vor allem aber ist er seit vier Jahren Mitglied der Verbindung "Asgard" und seit einem Jahr noch Präsident des größten Verbunds katholischer Verbindungen, dem Cartellverband "CV". Der trifft sich am ersten Juni-Wochenende zu seiner jährlichen Versammlung. Der gebürtige Lippstädter ist verantwortlich für das Treffen, das nach 20 Jahren mal wieder in Köln gastiert – im traditionsreichen "Gürzenich". Er sagt: "Diskriminierung werfen uns all diejenigen vor, die noch nie bei uns waren."

Natürlich, der Kommunismus wird sicherlich nicht in einem Verbindungshaus wiedererstarken. Ein Großteil der Anwesenden macht sein Wahl-Kreuzchen bei der CDU, einige bei der FDP, wenige auch bei der SPD oder auch der AfD. "Politisch haben wir von links bis konservativ alles dabei", sagt Seubert über seine Asgard-Verbindung, der größten von sechs Kölner CV-Verbindungen. Was bei Asgard gilt, gilt laut Seubert auch für den gesamten Verband und seine rund 32.000 Mitglieder: "Das ist ganz klar und einfach: Wenn sich Leute bei uns rechtsradikal äußern, dann fliegen sie raus. Das hat bei uns keinen Platz."

3000 Gäste und Laschet-Grußworte

Für den Festkommers, der feierlichen Sitzung und dem gleichzeitigen Höhepunkt einer jeden Cartellversammlung, spricht der FDP-Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff als Hauptredner. Zur Eröffnung am Donnerstag schickt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, selbst CV-Mitglied, die Grußworte. "Wir sitzen seit vier Jahren für die Planungen zusammen", sagt Seubert. Insgesamt gibt es 25 Programmpunkte, rund 3000 ehemalige und aktive Verbindungsstudenten werden erwartet.

Während seiner einjährigen Präsidentschaft, die Ende Juli endet, besuchte Seubert einen Großteil der 125 CV-Verbindungen in ganz Deutschland. "Eine intensive Zeit", sagt er. Ungefähr ein zusätzliches Semester für sein Master-Studiums dürfte ihn das Ganze gekostet haben. Die finanziellen Kosten übernimmt der Verband. "Wir waren eigentlich jedes Wochenende unterwegs, auch im Norden und Osten, wo wir nur wenige Mitglieder haben", sagt Seubert. Vor Ort habe er viele Gespräche über die Zukunft des CV geführt. Denn vor allem in den weniger dicht besiedelten Regionen kämpfe der Verband mit Mitgliederrückgang, dort können die Verbindungen nicht mit ihren Häusern und günstigen Zimmer-Mieten punkten. "Wir müssen uns weiterentwickeln, um für Jugendliche attraktiv zu sein", sagt Seubert.

NRW-Verfassungsschutz: Überschneidungen zwischen Burschenschaftern und Rechten

Dazu zähle, an den Unis die eigenen Angebote stärker zu präsentieren. An den Mitgliederbeschränkungen halte man jedoch fest: Nicht-Katholiken können kein Mitglied werden, Frauen genauso wenig. "Das ist eine Form der Tradition, wie sie auch in vielen Karnevals- oder Schützenvereinen gelebt wird. Aber natürlich heißt das nicht, dass Frauen nicht an unseren Veranstaltungen teilnehmen sollen. Ganz im Gegenteil", sagt Seubert. Als Veranstaltungen gelten unter anderem gemeinsame Ausflüge, Partys, Bar-Abende oder Lerngruppen – "die Gemeinschaft, die man auf einem Verbindungshaus erlebt, ist sehr besonders", sagt Seubert.

Dennoch schreckt die Kombination aus Kirche und konservativen Verbindungsregeln manchen Interessenten ab. Verstärkt wird das negative Bild jedoch auch von Vorurteilen – die meist jedoch durch schlagende Burschenschaften erzeugt wurden. Dort wird auf den Häusern noch akademisch gefochten und damit auch eine Verletzung des Gegners, der sogenannte Schmiss, in Kauf genommen. Für NRW bilanziert der Verfassungsschutz auf Nachfrage beim Innenministerium: "Burschenschafter sind vereinzelt Mitglieder rechtsextremistischer Organisationen oder es bestehen Kontakte rechtsextremistischer Personen oder Organisationen zu einzelnen Burschenschaften. In der Vergangenheit haben in den Häusern einzelner Burschenschaften in Nordrhein-Westfalen Vorträge von Rechtsextremisten stattgefunden."

AStA und Verbindungen - erstmals Kontakte

In Köln und anderen NRW-Städten werden Burschenschaften deshalb unter anderem vom meist links geprägten "Allgemeinen Studierendenausschuss" (AStA) kritisiert. "Wir lehnen jeglichen Kontakt mit Organisationen oder Zusammenschlüssen ab, die diskriminierend und rassistisch auftreten", sagt Markus Hoppe, Referent im Kölner AStA. Dort werbe man jedoch für ein differenziertes Bild: "Viele Verbindungen sind harmlos, mit denen gibt es keine Konflikte." Erstmals habe es im Vorfeld der Cartellversammlung sogar Gespräch mit den Kölner CV-Vorort gegeben. "Rein informell, aber es hilft beim gegenseitigen Verständnis", sagt Hoppe.

In anderen Städten – vor allem traditionellen Studentenstädten wie Marburg oder Göttingen – wäre ein solcher Austausch kaum denkbar. Dort können sich Verbindungsstudenten – und nicht nur Burschenschafter – kaum als solche zu erkennen geben. Seubert sagt: "Linke Gruppen machen dort teilweise Jagd auf alle, die sie Verbindungen zuordnen."

Solche Szenen müssen die Gäste der Cartellversammlung in der Domstadt nicht befürchten. Auch, weil einmal mehr die Affinität der Kölner zur fünften Jahreszeit hilft. "Wenn wir mit unseren Uniformen durch Köln laufen, denken die Leute halt, wir wären ein Karnevalsverein", sagt Moritz Seubert.

(cbo)
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