In Kölner Kita Sexuelle Übergriffe zwischen Kindern gemeldet

Köln · In einer katholischen Kita im Kölner Westen soll es über einen längeren Zeitraum zu sexuellen Übergriffen zwischen Kindern gekommen sein. Jetzt beraten sich Jugendamt, Erzbistum und die Kita über den Fall.

 Gummistiefel und Regenhosen von Kindern hängen in einer Kita an einem Regal (Symbolbild).

Gummistiefel und Regenhosen von Kindern hängen in einer Kita an einem Regal (Symbolbild).

Foto: dpa/Christian Charisius

Sind das noch Spiele, in denen sich Kinder körperlich erkunden, oder geht das zu weit? Diese Frage ist gerade bei Kleinkindern nicht immer leicht zu beantworten. In einer katholischen Kita im Westen der Stadt Köln wurde nun ein Fall bekannt, bei dem die Grenzen überschritten worden sind. Mindestens vier Mädchen sollen betroffen sein. Als erstes berichtete die Kölnische Rundschau über den Fall. Demnach soll es sich bei den Tätern um zwei Jungen handeln. Das Erzbistum Köln teilte unserer Redaktion jedoch mit, dass es sich dabei um einen Jungen und ein Mädchen handelt. Sie sollen Stöcke in Vagina und Anus der vier Mädchen eingeführt haben. Demnach sollen die Mädchen sichtbare Verletzungen davongetragen haben, die den Eltern aufgefallen waren. Eine Mutter soll sich mit einem Beschwerdebrief an das Landesjugendamt gewendet haben.

Sowohl das Erzbistum Köln als auch das Kölner Jugendamt bestätigten den Fall gegenüber unserer Redaktion. „Sicher ist, dass zwei Kindern Fehlverhalten vorgeworfen wird“, sagt Michael Kasiske, Sprecher des Erzbistums Köln. „Das kommt unter Kindergartenkindern aber immer mal vor.“ Es seien pädagogische Maßnahmen getroffen worden, um mit der Situation umzugehen. Einige Eltern in der Gruppe wollten außerdem die Namen der Täter wissen. „Wir haben uns allerdings dagegen entschieden, weil man hier nicht im klassischen Sinn von Tätern sprechen kann. Wie gesagt, es sind Kinder im Kita-Alter“, sagt Kasiske. Die Kitagruppe bleibe deshalb vorerst bestehen. „Wir wollen nun in einem Treffen einschätzen, wie weiter mit der Situation umzugehen ist.“ Dieses soll am Mittwochnachmittag stattfinden. Teilnehmer sind Vertreter des Landesjugendamtes, des Erzbistums Köln und der katholischen Kita.Ungewöhnlich sind „Doktorspiele“ in der Kindheit nicht. Viele Kinder seien gerne nackt, zögen sich voreinander aus und fassten sich auch gegenseitig an. Arztspiele oder solche, in denen etwa Vater, Mutter und Kind dargestellt werden, seien normal – auch Zeugungs- und Geburtsszenen, schreibt der Kölner Verein Zartbitter in einer Informationsbroschüre. Seit 30 Jahren berät dieser Kinder und Jugendliche, die Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind. Zusätzlich betreibt die Beratungsstelle Präventions- und Aufklärungsarbeit. Wichtig ist dabei: „Es sind gleichberechtigte und gegenseitige Spiele. Die Initiative geht nicht nur von einem Kind aus“, sagt Zartbitter-Gründerin Ursula Enders. Eine Grenze werde jedoch beispielsweise überschritten, wenn Kinder sehr unterschiedlicher Altersgruppen miteinander Doktor spielten. Die Kinder bräuchten deshalb sowohl von Eltern als auch Erziehern eindeutige Regeln – und eine klare Ansprache. Ein sexueller Übergriff findet der Beratungsstelle zufolge dann statt, wenn ein Kind andere zu sexuellen Handlungen überredet oder mit Drohungen oder Versprechungen dazu zwingt. Auch wiederholte oder gezielte Verletzungen an den Genitalien sind als sexuell übergriffig zu werten.

Die Gründe, warum schon kleine Kinder übergriffig werden können, sind vielfältig: So können sie zum Beispiel selbst Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt geworden sein. Warnzeichen seien etwa besonders großes Interesse an Doktorspielen und eine stark sexualisierte Sprache.

Zahlen dazu, wie oft sexuelle Übergriffe zwischen Kita-Kindern vorkommen, gibt es aus Köln nicht. Auch für Düsseldorf liegen diese nicht vor. Laut Düsseldorfer Diakonie, die in der Stadt 48 Kitas betreibt, sind solche Vorwürfe eher selten. Etwa ein bis zwei Mal pro Jahr gebe es eine Meldung, sagt Sprecher Christoph Wand: „Dann greift ein spezielles Verfahren mit Dokumentation, Beratung und Hilfestellungen für alle Beteiligten.“

Die Düsseldorfer Caritas kooperiert in den drei Kindergärten im Stadtgebiet ebenfalls mit Zartbitter. Werde aus einer der Kitas ein sexueller Übergriff gemeldet, werde der Fall mit dem betroffenen und dem übergriffigen Kind sowie den jeweiligen Eltern aufgearbeitet, erklärt Fachbereichsleiterin Christiane Rath: „An erster Stelle steht aber der Schutz des betroffenen Kindes.“

Die katholische Kita in Köln soll nach Bekanntwerden der Übergriffe vor einigen Wochen einen Elternabend veranstaltet haben, an dem Info-Material an Mütter und Väter ausgeteilt wurde. Es wurden Regeln zu „Doktorspielen“ aufgestellt sowie das weitere Vorgehen geklärt.

Anmerkung der Redaktion: Normalerweise lassen wir Blaulicht-Meldungen nicht kommentieren. Dies hatten wir bei dieser Nachricht übersehen und nachträglich die Kommentierfunktion deaktiviert.

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