Totschlag-Prozess am Kölner Landgericht Schwester und Ex-Freundin belasten den Angeklagten

Köln · Im Totschlag-Prozess gegen einen 35-Jährigen, der seinen jüngeren Bruder erdrosselt haben soll, haben nun seine Schwester und die Ex-Freundin ausgesagt. Die Schwester sagt, ihr Bruder sei leicht reizbar gewesen.

Der Angeklagte am ersten Prozesstag mit seinem Verteidiger Bernhard Scholz.

Der Angeklagte am ersten Prozesstag mit seinem Verteidiger Bernhard Scholz.

Foto: Hauser

Es ist kein leichtes Wiedersehen für die Geschwister am Donnerstag im Kölner Landgericht. Auf der Anklagebank sitzt Luis K. (alle Namen geändert), auf dem Zeugenstuhl seine ältere Schwester Lena P., die immer wieder um eine Pause bittet. Luis K. hat den jüngeren Bruder im vergangenen November im Streit erdrosselt. Seine Schwester soll nun das Verhältnis der Geschwister beschreiben, den Charakter des Angeklagten. Sie nennt ihren Bruder nicht bei seinem Namen, sondern sagt "der Angeklagte".

"Er war immer stur, leicht reizbar", sagt die 40-Jährige. In der Familie sei er immer das Sorgenkind gewesen, weil er eine Ausbildung und zwei Studiengänge abgebrochen hat. "Gibt es denn positive Charakterzüge ihres Bruders?", will die Kammer wissen. "Nein", sagt seine Schwester. Ihr Bruder blickt sie nur selten an, meistens schaut er vor sich auf den Tisch, hält mit beiden Händen einen Kugelschreiber fest. Er hatte sich selbst schon als Außenseiter der Familie beschrieben, er habe als "der Sensible" gegolten.

Die Schwester bestätigt, was er am ersten Verhandlungstag gesagt hatte: Der strenge Vater forderte von allen vier Kindern Leistung, "wir wurden an der kurzen Leine gehalten", sagt die Zeugin. War der Vater unzufrieden, schlug er den Kindern mit einem Bambusstock auf die Handinnenflächen. "Wer weggezogen hat, bekam noch mehr Schläge."

Luis K. wurde mit 20 Jahren Vater. Die Mutter seines Sohnes belastet ihn am Donnerstag schwer. "Er hat mir mehrmals gedroht, mich umzubringen", sagt sie. Die 35-Jährige kann ihre Tränen nicht zurückhalten, als sie sagt: "Ich habe immer gedacht, dass ich es sein werde." Das Verhältnis zwischen den Brüdern nennt sie "schwierig". Sie selbst habe nach der Trennung von Luis K. seitenlange E-Mails bekommen, in denen er sie gesiezt und beschimpft habe.

Ein ganz anderes Bild des Angeklagten beschreibt seine ehemalige Chefin. "Er war immer lustig, offen, freundlich — wir vermissen ihn sehr", sagt die 44-Jährige. Sie haben in einem Callcenter zusammen gearbeitet. Er sei mit seinen Kollegen und den Kunden "wunderbar umgegangen". Von privaten Problemen habe sie nichts mitbekommen. Als sie rausgeht, flüstert sie Luis K. zu: "Alles Gute."

Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.

(hsr)
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