Prozess nach Ebay-Inserat Angeklagter bietet Opfer nach Überfall Schmerzensgeld an

Köln · Es begann mit einem Inserat auf Ebay und endete mit einem Überfall. Am Landgericht Köln wird seit Mittwoch ein Fall verhandelt, bei dem ein 59-Jähriger die Verkäuferin eines Kinderbettes lebensgefährlich verletzt haben soll. Der Anwalt des Angeklagten kündigte ein Geständnis an.

 Ein Richter im Gerichtssaal mit dem Strafgesetzbuch

Ein Richter im Gerichtssaal mit dem Strafgesetzbuch

Foto: dpa/Oliver Berg

Dieser Überfall hätte jedem passieren können. Das wird aus der Verlesung der Anklage im Sitzungssaal 112 am Landgericht in Köln schnell deutlich. Telefonisch soll sich der Angeklagte mit Claudia Lauer (Name von der Redaktion geändert) verabredet haben, um sich am Morgen des 31. August 2018 das Kinderbett anzusehen, das Lauer in den Ebay-Kleinanzeigen zum Verkauf anbot. Wie abgesprochen soll der Mann gegen 10 Uhr bei Lauer geklingelt haben. Per Türöffner ließ sie ihn ins Treppenhaus und in ihre Wohnung.

Im Flur hatte Lauer die Einzelteile des Kinderbetts ausgebreitet. Als sie sich niederkniete, um dem 59-Jährigen zu zeigen, wie man das Bett zusammenbaut, soll er sich hinter sie gestellt haben. Er soll ihr einen Arm um den Hals gelegt und versucht haben, ihr eine Strumpfhose als Knebel in den Mund zu schieben.

Während der gesamten Verlesung fixiert der 59-jährige Angeklagte mit dem dunkelblonden Haar einen Punkt am Richterpult. Nicht ein einziges Mal dreht er seinen Kopf. Nicht einmal wirft er einen Blick Richtung Zuschauer. Lauer ist an diesem Tag gar nicht erst vor Gericht erschienen.

Die Staatsanwältin liest weiter. Lauer wehrte sich dort im Flur so stark, dass sie sich befreien konnte und weglief. Der Angeklagte soll ihr jedoch sofort gefolgt sein. Er soll Lauer in das Badezimmer geschoben und ihre Hände mit Kabelbindern gefesselt haben. Daraufhin soll er in der Wohnung nach teuren Gegenständen gesucht haben. Doch auch aus dieser Situation konnte sich Lauer befreien. Sie rannte aus dem Badezimmer durch die Wohnung zu einem der Kinderzimmer, öffnete ein Fenster und schrie um Hilfe. Von dort soll der Mann sie heftig weggezogen und zurück zum Badezimmer bugsiert haben. „Geh da rein oder ich stech‘ dich ab“, soll er laut Staatsanwältin gesagt haben, in der Hand ein Taschenmesser mit einer acht Zentimeter langen Klinge. Aber Lauer wehrte sich wieder. Sie soll mit dem 59-Jährigen gekämpft haben, wodurch sich beide an den Händen verletzten. Lauer wurde außerdem an Brust und Bauch in der Nähe der Milz verletzt.

Letztlich schob der Mann Lauer wieder ins Badezimmer. Dort soll er sie gewürgt haben. Lauer konnte sich jedoch losreißen und zu ihrer Wohnungstür rennen. Als sie diese öffnete, standen im Flur bereits drei Zeugen, die ihr zu Hilfe kommen wollten: Lauers Nachbarin und zwei Passanten, die ihre Schreie gehört hatten. Die beiden Männer überwältigten den Angeklagten und hielten ihn fest, bis die Polizei eintraf. Lauers Lunge kollabierte aufgrund ihrer Verletzungen. Sie musste ins Krankenhaus gebracht und einer Notoperation unterzogen werden. Laut Staatsanwältin soll Lauer seitdem traumatisiert sein. Die Anklage wirft dem Mann gefährliche Körperverletzung, versuchte Geiselnahme und versuchten besonders schweren Raub vor.

So wenig Regung wie der Angeklagte zeigt, so wenig Aufheben macht der Verteidiger nach der Verlesung. Der Angeklagte wolle sich selbst noch äußern und sich geständig zeigen, sagt er. Außerdem biete der 59-Jährige Lauer eine Geldzahlung als Entschädigung an.

Ob es dazu kommt, wird sich am 7. Februar entscheiden. Dann wird der Prozess fortgesetzt. Es soll ein psychologischer Gutachter gehört werden und die Aussage des Angeklagten.

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