Prozess in Köln Streitschlichter mit Straßenpoller niedergeschlagen

Köln · Ein 23-Jähriger will in Köln einen Streit schlichten und bezahlt seinen Einsatz fast mit dem Leben - weil ihn ein 22-Jähriger mit einem schweren Straßenpoller niedergestreckt haben soll. Nun begegnen sich beide Männer wieder vor Gericht.

Nach einem Hieb mit einem Straßenpoller auf einen beherzten Streitschlichter hat sich der Beschuldigte vor Gericht bei dem Opfer entschuldigt. "Ich bereue das sehr", sagte der 22 Jahre alte Angeklagte am Mittwoch beim Prozessauftakt in Köln. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord vor. Er habe dem Mann den neun Kilo schweren Poller auf den Kopf geschlagen, nachdem dieser als Unbeteiligter in einen Streit zwischen zwei Gruppen eingegriffen hatte. Dabei erlitt der 23-Jährige ein offenes Schädel-Hirn-Trauma.
Die große Narbe über seinem Ohr war auch noch am Mittwoch deutlich zu sehen, rund sieben Monate nach dem Angriff.

"Eine Entschuldigung kann man in dem Fall gar nicht annehmen", kommentierte der Kaufmann-Azubi die Worte des Angeklagten. Er schilderte, wie es zu der Auseinandersetzung kam. Zusammen mit seinem Vater, seinen beiden Brüdern und einem Cousin habe er Möbel aus einer Wohnung getragen, als ihnen ein Streit aufgefallen sei. Eine Gruppe von mindestens fünf Leuten habe zwei Männer angegangen. Der Anklage zufolge ging es um die Abwicklung eines Rollerverkaufs. "Wir wollten einfach nur schlichten und helfen", sagte das Opfer.

Nachdem erst mal Ruhe einkehrte, sei die eine Gruppe aber wieder zurückgekommen - unter anderem bewaffnet mit Holzbalken und Messern.
Aus dem Nichts habe ihn ein erster Faustschlag getroffen. Danach verschwammen seine Erinnerungen. Noch heute habe er Probleme, etwa weil sein Hunger- und Durstgefühl seitdem weg sei. Der Fall hatte in Köln und auch darüber hinaus Anteilnahme hervorgerufen. Unter anderem war der 23-Jährige von Kölns Oberbürgermeister empfangen worden.
An seinem Krankenbett seien unzählige Geschenke abgegeben worden, erzählte er am Mittwoch.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte von der Gruppe nach dem ersten Streit per Telefon als Verstärkung angefordert worden war. Zum genauen Ablauf des Geschehens machte der Angeklagte zunächst keine Angaben. Sein Anwalt verlas eine Erklärung, wonach der Pollerangriff nicht "tötungsvorsätzlich" gewesen sei. Laut Zeugen habe er zugeschlagen, um seine Freunde zu schützen. Der Angeklagte gab allerdings Einblick in sein bisheriges Leben und berichtete dabei auch von plötzlichen Gewaltausbrüchen: "Es macht einfach Klick".

(lnw)
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