Guru-Prozess in Düsseldorf "Gesandter, mein Körper ist dir"

Düsseldorf · Am Dienstag hat in Düsseldorf der Prozess gegen zwei Männer begonnen, die sich Frauen gegenüber als Heilige ausgegeben und sie zur Prostitution gezwungen haben sollen. Die Männer nannten sich selbst "die zwei Heiligen".

 Die Angeklagten sollen mehrere Frauen mit brutalen Misshandlungen und pseudo-religiösen Ritualen von sich abhängig gemacht haben.

Die Angeklagten sollen mehrere Frauen mit brutalen Misshandlungen und pseudo-religiösen Ritualen von sich abhängig gemacht haben.

Foto: dpa, cas kde

Lässig hingelümmelt auf die Anklagebank, ohne jede sichtbare Regung — so ließen zwei Angeklagte am Dienstag vorm Landgericht die Verlesung einer Anklage über sich ergehen, die ungeheuerlich klang. Von schwerem Menschenhandel war die Rede, von Geiselnahme, Vergewaltigung, besonders schwerem Betrug und vielfachen, teils gefährlichen Körperverletzungen.

Als Haupttäter gilt ein 31-jähriger Familienvater aus Köln, der sich in der Landeshauptstadt als "Heiliger" und "Gesandter" ausgegeben und damit vier Frauen zu Sex-Sklavinnen in Bordellen degradiert, sie ausgenutzt, misshandelt, bedroht, verschleppt und sich von ihren Liebeslöhnen ein schönes Leben gemacht haben soll. Neben ihm sitzt ein Kumpan (27), der laut Anklage zeitweise ebenfalls ein Opfer des angeblichen "Gurus" war, hauptsächlich aber dessen Helfershelfer bei einer Liste von weit mehr als 20 erheblichen Straftaten. Zu Prozessbeginn machten beide am Dienstag keine Aussage.

Mitarbeiter verstümmelte sich für Guru

Mehr als drei Jahre lang gelang es diesem Duo laut Anklage, mit einer geschickten Mischung aus Psycho-Terror und erfundener Religiosität, vier Frauen ins Verderben zu stürzen. Die Männer, die sich gerne als "Die heiligen Zwei" ansprechen, verehren, bedienen und aushalten ließen, machten ihre Opfer demnach zu willfährigen Prostituierten, schickten sie in Sauna-Clubs und Bordellen bundesweit auf Freierssuche — und der selbst ernannte Guru kassierte die gesamten Liebeslöhne der Frauen angeblich restlos ab.

Spurte eines der Opfer nicht oder nicht rechtzeitig, dann wurde es unter Druck gesetzt, fast lückenlos überwacht, übelst bedroht, geschlagen oder vergewaltigt, so die Staatsanwaltschaft. Auch der hier als Helfer des "Heiligen" angeklagte Ex-Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes soll von dem 31-Jährigen so abhängig gewesen sein, dass er nicht nur seine Schlafenszeit und selbst geringste Ausgaben von dem angeblichen Guru genehmigen ließ. Er soll sich auf dessen Geheiß und zum Zeichen seines Gehorsams sogar selbst verstümmelt, sich die Kuppe seines kleinen Fingers an der linken Hand abgeschnitten haben.

In einem vom Hauptangeklagten angeblich aufgebauten "sektenartigen Gebilde" sollen die Frauen sogar so weit gebracht worden sein, dass sie zu seiner Begrüßung und Verabschiedung stets in Gebetsformel gelobten: "Gesandter, darf ich dir meine Hingabe erweisen. Gesandter, mein Körper ist dir. Danke, was du aus mir gemacht hast. Ich liebe dich."

Tatsächlich soll der Familienvater die Frauen aber zu Dirnen gemacht, sie hemmungslos ausgebeutet und brutalst misshandelt haben, wenn eine der Frauen zum Beispiel mitten in einem Schäferstündchen mit einem Bordellbesucher aus Erschöpfung einfach einschlief.

Religiöse Rituale auf dem Friedhof

Pseudo-religiöse Rituale auf einem Friedhof sollen die Misshandlungen ergänzt haben: Einer Geschädigten gaukelten die Angeklagten vor, sie stünden im Kontakt zu ihrem verstorbenen Vater, der von ihr verlange, sich für den "Gesandten" zu prostituieren.

Dafür lebte der frühere Hartz-IV-Empfänger angeblich von den Bordell-Einnahmen seiner Sklavinnen in Saus und Braus, hatte bei der Festnahme Ende 2015 ein Vermögen von fast 600.000 Euro angehäuft. Dieses Geld ist jetzt eingezogen und könnte demnächst anteilig an die geschädigten Frauen zurückfließen. Bis dahin hat das Landgericht für den Prozess gegen das Männer-Duo aber mindestens 22 Verhandlungstage bis Ende September eingeplant.

(wuk)
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