Prozess zu Enkeltrick in Köln "Oma, hier ist deine Nichte Gudrun"

Vor dem Kölner Landgericht startete der Prozess gegen einen 41-Jährigen, der als Mitglied einer Bande Rentnerinnen mit dem Enkeltrick um ihre Ersparnisse gebracht haben soll. Die Beute soll mehr als 100.000 Euro betragen haben.

Polizei warnt vor Enkeltrick
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Foto: picture alliance / Sebastian Gol/dpa

Roman H. (Name geändert) wirkt ungeduldig. Mit finsterer Miene folgt er in Saal 5 des Kölner Landgerichts der Simultanübersetzung der Dolmetscherin. Hinten im Zuschauerraum sitzt die Mutter des 41-Jährigen und knetet ein Papiertaschentuch in den Händen. Immer wieder wischt sie sich die Tränen von den Wangen, während der Staatsanwalt die Anklage verliest.

Roman H. muss sich wegen bandenmäßigen Betrugs verantworten. Er soll mit mindestens sechs Komplizen mit Hilfe des "Enkeltricks" reihenweise Seniorinnen um ihr Erspartes gebracht haben. Im Prozess geht es um 23 Fälle, die alle fast neun Jahre zurückliegen. Roman H. war lange flüchtig und konnte erst im vergangenen Jahr in Schweden gefasst werden. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Die Bande soll gezielt Frauen ab 75 Jahren ausgewählt haben, um sie mit einer perfiden Masche dazu zu bringen, ihnen Summen bis zu 15.000 Euro zu überlassen. Der Gesamtschaden der Beute liegt nach Angaben der Staatsanwaltschaft bei mehr als 100.000 Euro. Roman H. soll die Aufgabe gehabt haben, die so genannten Geldabholer zu rekrutieren und die Beute unter allen Bandenmitgliedern aufzuteilen.

Laut Anklage rief eine der Täterinnen bei den Senorinnen an und gab sich als Enkelin, Nichte oder Tochter aus, die in Geldnot sei. "Oma, hier ist deine Nichte Gudrun", hieß es etwa. "Ich brauche 8000 Euro, um mir ein Auto kaufen zu können." Da sie selbst gerade keine Zeit habe, würde sie den Angestellten eines Rechtsanwaltsbüros vorbeischicken, um das Geld abzuholen. Ziel des Tricks ist es immer, die Damen möglichst lange in der Leitung zu halten, bis der Abholer klingelt, damit sie keine Möglichkeit haben, in Ruhe nachzudenken oder gar Hilfe zu holen.

Eine Kölnerin war damals skeptisch genug, um sich zuerst zum Schein auf die Sache einzulassen und dann die Polizei zu alarmieren. Einer der Abholer wurde dann vor ihrer Haustür festgenommen. Die Ermittler wissen aber: Die Abholer werden immer schnell ersetzt und der Betrug geht weiter.

Einige der Opfer, die die Bande ausgesucht hat, waren älter als 90 Jahre. In einem Fall wurde eine Bankmitarbeiterin misstrauisch, weil die Seniorin 15.000 Euro abheben wollte. Sie gab ihr nur 2100 Euro - auch die gingen aber in die Hände der Betrüger.

Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. Nach Angaben der Vorsitzenden Richterin ist die Beweislage in manchen der 23 Fälle gut, in anderen weniger gut. Dass die Taten schon so lange zurückliegen, dürfte dem Angeklagten zugute kommen. Viele der Opfer sind inzwischen gestorben.

Einige Bandenmitglieder standen bereits vor Gericht. Unten ihnen war auch die Anruferin. Sie wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt. Im aktuellen Prozess wird ein Urteil Mitte Januar erwartet.

(hsr)
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