Fußball-Krimi "Kölner Grätsche" Mörderische Spannung im Milieu der Kicker
Köln · Mit dem Fußball-Krimi "Kölner Grätsche" präsentiert Stefan Keller pünktlich zur WM in Brasilien den vierten Fall von Marius Sandmann.
"Er mochte kaum älter als 23 Jahre sein. Hätte er keine Plastikschlappen an den Füßen getragen, hätte er in seiner kunstvoll zerschlissenen Jeans, dem wild bedruckten T-Shirt und dem locker um den Hals geworfenen Tuch einem Modemagazin für Männer entsprungen sein können." Rui Barque, so heißt der Schönling, hat scheinbar das Glück gepachtet. Der junge Brasilianer sieht nicht nur klasse aus, er hat auch eine tolle Freundin und eine schicke Wohnung. Doch der erste Eindruck täuscht.
Mit dem Fußball-Krimi "Kölner Grätsche" präsentiert Stefan Keller pünktlich zur WM in Brasilien den vierten Fall von Marius Sandmann. Diesmal wird der Privatdetektiv aus Ehrenfeld von eben jenem Rui Barque um Hilfe gebeten. Dessen Freundin ist entführt worden und Sandmann soll die Kidnapper aufspüren. Zu spät merkt er, dass sein Auftraggeber - ein einstiger FC-Profi, dessen Karriere zwei Jahre zuvor eine Verletzung bei einem Testspiel ein jähes Ende bereitete - nicht nur chronisch pleite, sondern total verschuldet ist. Barque ist spielsüchtig. Aber zu diesem Zeitpunkt steckt der eigenbrötlerische Privatermittler schon bis zum Hals in einer Geschichte, bei der es um die russische Mafia, um Wettbüros und Drogenhandel, Kunstraub, Geldwäscherei und einen Mord geht, der 30 Jahre zuvor geschah. Wie immer hat der Autor seine Hausaufgaben gut gemacht. In "Kölner Grätsche" entführt er seine Leser in die Geißbock-Welt und zu deren Schauplätzen. Dorthin, wo trainiert und gespielt, gehofft und gelitten wird. Man kann den nassen Rasen riechen, die durchgeschwitzten Trikots der Spieler und die Erwartungen, die ein Elternpaar hegt, das seinem kleinen Sohn beim Training zuschaut.
Dem gegenüber stellt Keller die Welt der Kunsthändler, Museumsleute und Versicherungen, die sich auf teure Gemälde spezialisiert haben. Wer alle vier Sandmann-Krimis gelesen hat, weiß, dass der Held einst Kunstgeschichte studierte, bevor er in seinem ersten Fall beinahe gekreuzigt wurde. Der Bogen spannt sich diesmal über die Rheinmetropole hinaus und führt bis nach Wolgograd und Rio de Janeiro. Beides Partnerstädte von Köln.
In Gestalt der grazilen Russin Arina Kasakowa mit den grünbraungesprenkelten Augen, die an zweifarbige Murmeln erinnern, scheint Sandmann auch neues Liebesglück zu blühen. Seine Ex-Freundin, die toughe Journalistin Verena, hat sich inzwischen einen Juristen geangelt, und führt einen Feldzug gegen die Kölner Polizei. Wobei auch das Thema Hooligans und Gewalt im Stadion ins Spiel kommt. Passend zum Thema Kicken sind die drei Teile des Krimis mit "Abseits", "Gras fressen" und "Mauern" überschrieben. Das wird nicht erklärt, aber Menschen, die mit dem runden Leder nichts anzufangen wissen, würden auch nicht zwingend zu einem "Fußball-Krimi" greifen.
Mörderisch spannend wird es aber auch für die Leser, die noch nie in der Südkurve gestanden oder dem Geißbockheim einen Besuch abgestattet haben. In "Kölner Grätsche" geht es nicht zimperlich zu, und es wird mit harten Bandagen gekämpft. Wobei Sandmann ordentlich was abbekommt. Trotzdem fehlt auch das feine psychologische Unterfutter nicht, die Motive der Handelnden werden glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt und einige bekannte Figuren der Serie gewinnen zusätzliche Tiefe.
Stefan Keller: Kölner Grätsche. Gmeiner Verlag, 275 Seiten, 11,99 Euro.