Kriminalitätsstatistik für Köln und Leverkusen Senioren verlieren 1,7 Millionen Euro an Betrüger

Köln · Es gibt weniger Kriminalität in Köln und Leverkusen - das zeigen die aktuellen Fallzahlen. Doch ein Bereich macht den Ermittlern zu schaffen: Immer häufiger werden ältere Menschen Opfer von Trickbetrügern, die ihnen oft ihre gesamten Ersparnisse nehmen.

Senioren werden oft Opfer von Betrügern (Symbolbild).

Senioren werden oft Opfer von Betrügern (Symbolbild).

Foto: picture alliance / Sebastian Gol/dpa

Sie geben sich am Telefon als Polizeibeamte aus oder als Enkel, der Hilfe benötigt, und manipulieren ihre älteren Opfer derart, dass die ihnen oft ihr gesamtes Erspartes überlassen. Wenn die Opfer realisieren, was passiert ist, schämen sie sich häufig so sehr, dass sie nicht darüber sprechen möchten. Die sogenannten Straftaten zum Nachteil älterer Menschen beschäftigen die Ermittler des Kölner Polizeipräsidiums seit Jahren. Es gibt ein komplettes Kommissariat, das sich ausschließlich mit diesen Betrugsdelikten befasst. Immer wieder wendet sich die Polizei mit Warnungen an die Öffentlichkeit, wenn es vermehrt neue Fälle gibt.

Am Tag der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik 2018 ist die Zahl der Betrugsdelikte, bei denen Senioren Opfer waren, diejenige, die Kölns Kripo-Chef Klaus-Stephan Becker am meisten zu schaffen macht. Insgesamt 1,7 Millionen Euro haben Senioren in Köln und Leverkusen im vergangenen Jahr an die Betrüger verloren. „Es gibt Fälle, da bringen die Täter ihre Opfer in stundenlangen Telefonaten dazu, sechsstellige Summen an einen Boten zu übergeben“, sagte der Leitende Kriminaldirektor am Mittwoch im Kölner Polizeipräsidium. In einem Fall hätte das Opfer das Geld auf einem Autoreifen hinterlegt, in einem anderen verpackt und dem Boten aus dem Fenster zugeworfen.

In Köln und Leverkusen gab es 2018 ein Plus von 573 Fällen im Vergleich zum Vorjahr, was einem Anstieg von mehr als 34 Prozent entspricht. 2017 gab es 1673 Fälle (Versuche mit eingerechnet), 2018 waren es 2246. „Es gibt so viele Spielarten von Trickbetrug zum Nachteil von Senioren – man kommt kaum hinterher“, sagt Becker. „Die überrollen Köln und Leverkusen zeitweise mit Anrufwellen.“ Die Täter arbeiten in professionellen Callcentern in der Türkei – in Deutschland werden dann nur die Boten gefasst. „Hier sperrt man einen Boten ein, am nächsten Tag sind zwei neue da“, sagt Becker.

Inzwischen arbeiten die Kölner Ermittler mit der türkischen Polizei zusammen, um an die Hintermänner zu kommen. „Die Callcenter schießen wie Pilze aus dem Boden, mit den Telefonnummern der Senioren wird untereinander gehandelt“, sagt Becker. Auch Rocker nutzten das Betrügen von Senioren „als Geschäftsmodell“.

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Foto: dpa/Friso Gentsch

Was die generelle Kriminalitätsentwicklung betrifft, zeigen sich Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob und Klaus-Stephan Becker allerdings ziemlich zufrieden. „Köln und Leverkusen sind noch sicherer geworden“, sagt Jacob. Seit 2016 sinken die Straftaten in beiden Städten. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 137.313 Fälle – das sind 12.115 Fälle weniger als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte der Fälle konnte aufgeklärt werden. Die Zahl der Wohnungseinbruchsdiebstähle ist mit 2334 Fällen in der Städteregion Köln/Leverkusen so niedrig wie zuletzt 1975. Von fast 3500 Taten im Jahr 2017 ist die Zahl um 820 Fälle auf 2676 Taten gesunken (Einbruchsversuche miteingerechnet). Auch der Taschendiebstahl geht zurück (2017: 8305, 2018: 6939 Fälle), ebenso Raub- und Sexualdelikte, Diebstähle aus Autos sowie Drogendelikte.

„Die Kriminalität sinkt auf breiter Front“, sagt Becker. Was den Wohnungseinbruchsdiebstahl betrifft, so führt Becker den Positivtrend auf mehrere Faktoren zurück: Neben einer stärkeren Polizeipräsenz und eigens eingerichteten Ermittlungskommissionen sieht Becker auch externe Faktoren als Grund. So hätten die Schließung der Balkanroute und Grenzkontrollen dafür gesorgt, dass es osteuropäische Einbrecherbanden schwerer hätten. Dazu kommt, dass das Delikt seit 2017 als Verbrechen geahndet wird, Täter empfindliche Strafen bekommen. Becker nennt einen Einbrecher, der erst kürzlich wegen 19 nachgewiesener Fälle zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. „Das schreckt ab“, sagt er.

Die Zahl der Tötungsdelikte ist für Köln und Leverkusen gestiegen: In beiden Städten wurden im vergangenen Jahr 24 Menschen getötet (2017: 16). Alle Mord- und Totschlagsdelikte konnten aufgeklärt werden.

Eine Zahl, die um mehr als 220 Fälle gestiegen ist, ist die des Fahrraddiebstahls: im vergangenen Jahr wurden in Köln und Leverkusen 8417 Räder geklaut (2017: 8191). Die Polizei beziffert die Schadenssumme auf 5,6 Millionen Euro. Eine eigene Ermittlungsgruppe soll sich in diesem Sommer mit den Profi-Dieben beschäftigen, die teilweise auf Bestellung arbeiten, wie Becker sagt. „Diese Entwicklung können wir nicht hinnehmen – auf Landesebene sind die Zahlen beim Fahrraddiebstahl gesunken.“

Polizeipräsident Jacob freut sich über den Abwärtstrend, was Gewalt gegen Polizeibeamte betrifft. Es gibt 282 Fälle weniger als 2017. Die insgesamt positive Entwicklung der Kriminalitätszahlen sei vor allem auf die Arbeit der Beamten zurückzuführen, die „trotz enormer Belastung viel leisten“, wie Jacob sagt. Er nennt als zusätzliche Belastungen der Polizisten Einsätze bei Fußballspielen, bei Demos oder Besuche wie den des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im vergangenen Jahr.

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