Nach zehn Monaten in türkischer U-Haft Kölner Sozialarbeiter Adil Demirci ist auf freiem Fuß

Istanbul · Zwar darf Adil Demirci das Land nicht verlassen, aber immerhin wird er aus der rund zehnmonatigen Untersuchungshaft in der Türkei entlassen. Dem Kölner Sozialarbeiter Adil Demirci war Unterstützung von Terroristen vorgeworfen worden.

 Demonstranten forderten bereits im Juni 2018 in Köln die Freilassung des in der Türkei inhaftierten Journalisten Adil Demirci.

Demonstranten forderten bereits im Juni 2018 in Köln die Freilassung des in der Türkei inhaftierten Journalisten Adil Demirci.

Foto: dpa/Geisler-Fotopres

Ein Istanbuler Gericht ordnete am Donnerstag die Freilassung des Sozialarbeiters und Journalisten an. Der 33-jährige freie Mitarbeiter der linken Nachrichtenagentur Etha darf jedoch die Türkei für die weitere Dauer des Prozesses nicht verlassen, wie der Richter entschied. Beobachter aus Deutschland begrüßten die Entscheidung, äußerten aber scharfe Kritik an dem Prozess.

"Das war fast ein Jahr Freiheitsberaubung", sagte der Schriftsteller und Journalist Günter Wallraff, der zusammen mit dem deutschen Generalkonsul Michael Reiffenstuel und dem Kölner SPD-Abgeordneten Rolf Mützenich den Prozess verfolgte. Wallraff sprach von einem "Scheinprozess", bei dem die Entscheidung im Voraus getroffen wurde, und forderte Außenminister Heiko Maas auf, stärker Stellung zu beziehen.

Demirci saß seit vergangenem April unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation in Haft. Konkret wird ihm und seinen 22 Mitangeklagten zur Last gelegt, an Beerdigungen von Mitgliedern der verbotenen linksextremen MLKP und der kurdischen YPG teilgenommen zu haben, die bei Polizeirazzien in Istanbul und im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien getötet worden waren.

Ihnen wird daher Mitgliedschaft in der MLKP vorgeworfen. Demirci bestätigte zwar beim Prozessauftakt am 20. November die Teilnahme an Beerdigungen von Kämpfern gegen die IS-Miliz, bestritt aber eine Mitgliedschaft in einer "Terrororganisation". Beim ersten Verhandlungstag im November lehnte der Richter seine Freilassung ab, weil er keinen festen Wohnsitz in der Türkei habe. Auch fünf weitere Angeklagte mussten in Haft bleiben.

Nun ordnete der Richter zwar die Freilassung Demircis und eines weiteren Angeklagten an, doch darf er die Provinz Istanbul und die Türkei weiter nicht verlassen. Der Prozess wird am 30. April fortgesetzt. "Die Geiseldiplomatie ist noch nicht vorbei", sagte der Kölner Linken-Stadtrat Jörg Detjen, der den Prozess ebenfalls verfolgte. Deshalb müssten alle "am Ball bleiben".

Anke Brunn, die Demircis Arbeitgeber Internationaler Bund (IB) vertrat, zeigte sich erfreut über seine Freilassung, betonte aber, dies könne nur ein "Zwischenschritt" sein. "Es ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum nach dieser neunmonatigen Untersuchungshaft, die durch keine Fakten begründet ist, immer noch kein Ende in Sicht ist", sagte Brunn. Sie hoffe, dass am 30. April endlich "Schluss ist mit diesem Albtraum".

(felt/dpa)
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